In 2022 spiegelte die Verschärfung der Gewalt gegen indigene Völker einen Zyklus systematischer Verletzungen und Angriffe auf Rechte wider
Der Jahresbericht des Cimi stellt die Gewalt gegen indigene Völker dar und präsentiert die Bilanz der Regierung Bolsonaro, die von Verstößen und dem Abbau von Schutz- und Hilfsorganen geprägt ist
Das Jahr 2022 markierte das Ende eines Regierungszyklus, der von Verstößen und der Verschärfung der Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien geprägt war. Wie in den vorigen drei Jahren gingen die Konflikte und die große Zahl von Invasionen und Schäden in indigenen Territorien mit dem Abbau politischer Programme und Maßnahmen zugunsten der indigenen Völker, wie Gesundheitsversorgung und Bildung, sowie mit dem Abbau der für die Überwachung und den Schutz dieser Territorien zuständigen Stellen einher. Dies ist die Realität, die dargestellt wird im Report Gewalt gegen die Indigenen Völker Brasiliens – Daten von 2022, einer jährlichen Veröffentlichung des Cimi (Conselho Indigenista Missionário – Indigenisten-Missionsrat, Fachstelle der katholischen Kirche für Indigenenfragen).
Dieses trostlose Szenario zeigte sich besonders in Ereignisseen, die großes Aufsehen erregten und nationales und internationales Echo fanden, wie die Morde an dem Indigenen-Experten Bruno Pereira und dem britischen Journalisten Dom Phillips, die im Juni in der Region des Indigenen Territoriums (IT – Terra Indígena, TI) Vale do Javari im Bundesstaat Amazonas von Männern ermordet wurden, die mit dem kriminellen Netzwerk verbunden waren, das die Invasionen in das Gebiet organisiert; und wie die Goldsucher-Invasionen in das Yanomami-Territorium, die mit der stillschweigenden Duldung des Staates enorme Umweltschäden und eine beispiellose Gesundheitskrise verursachten.
Der brutale Kontext, der während des ganzen Jahres durch die Veröffentlichung schockierender Berichte und Bilder offenbar wurde, spiegelt sich in diesem Report wider in den hier gesammelten Informationen und in den alarmierenden Daten über mangelnde Hilfe im Gesundheitsbereich sowie über Kindersterblichkeit, Morde und Gewalt im Zusammenhang mit indigenem Eigentum. In all diesen Kategorien gehörten Roraima und Amazonas, in denen das IT Yanomami liegt, zu den Bundesstaaten mit der höchsten Anzahl an registrierten Fällen.
Mit dem Jahr 2022 endete auch ein Vierjahreszyklus, in dem von der Bundesregierung kein indigenes Land demarkiert wurde. Unter Bolsonaro ignorierte die Exekutive nicht nur die verfassungsmäßige Verpflichtung, von indigenen Völkern traditionell bewohntes Land zu demarkieren und zu schützen, sondern handelte auch in der Praxis mit der Absicht, dieses Recht flexibler zu gestalten durch Gesetzentwürfe (Projetos de Lei, PLs) und Verwaltungsmaßnahmen, die darauf abzielten, die Ausbeutung indigener Landgebiete freizugeben.
Die Intensität und schwerwiegende Bedeutung dieser Fälle ist nicht zu verstehen ohne den Kontext des Abbaus der Indigenenpolitik und der Umweltschutzbehörden, dem der Staat in den vier Jahre der Regierung von Jair Bolsonaro ausgesetzt war
Diese Haltung drückte sich nicht nur in den Reden des Präsidenten aus, sondern auch in wiederholten Stellungnahmen von Organen wie der Generalanwaltschaft (Advocacia Geral da União, AGU) und der Nationalen Stiftung für indigene Völker (Fundação Nacional dos Povos Indígenas, Funai). Das Verhalten dieser Organe in Gerichts- und Verwaltungsverfahren verstieß fast immer gegen die Rechte indigener Völker und begünstigte insbesondere die wirtschaftlichen Interessen der Agrarindustrie und des Bergbaus.
Im Jahr 2022 spiegelte sich diese Haltung wider in der hohen Zahl registrierter Fälle in den Kategorien Konflikte um Territorialrechte (158 Fälle) und Besitzinvasionen sowie illegale Ausbeutung von Ressourcen und Sachbeschädigung mit 309 Fällen, die mindestens 218 Indigene Territorien in 25 brasilianischen Bundesstaaten betrafen.
In vielen Staaten, z. B. Mato Grosso do Sul, Maranhão und Bahia, führten die Konflikte und der völlige Mangel an Schutz für die indigenen Völker zur Ermordung von Indigenen, einschließlich unter Beteiligung von Polizeikräften und Polizisten, die als „private Sicherheitskräfte“ für Farmer fungierten. Im IT Comexatibá, im äußersten Süden Bahias, kam es zu der brutalen Ermordung von Gustavo Silva da Conceição, einem Pataxó-Jungen von gerade einmal 14 Jahren, bei einer von mehreren Schießereien, die von Gruppen verübt wurden, welche die Indigenen als „Milizionäre“ bezeichnen.
In Mato Grosso do Sul führte die Ermordung des 18-jährigen Guarani-Kaiowá Alex Recarte Lopes im Indigenenreservat Taquaperi in der Kommune Coronel Sapucaia zu einer Reihe von Wiederinbesitznahmen durch die Indigenen, die brutal angegriffen wurden von Farmern und von ohne Gerichtsbeschluss durchgeführten Polizeieinsätzen.
Bei einer dieser Operationen, im Tekoha Guapoy in Amambai (Mato Grosso do Sul), wurden der 42-jährige Guarani-Kaiowá Vitor Fernandes ermordet und mehrere Menschen verletzt. Wegen der Brutalität des Angriffs bezeichnen die Kaiowá und Guarani den Fall als „Massaker von Guapoy“.
Die Intensität und schwerwiegende Bedeutung dieser Fälle ist nicht zu verstehen ohne den Kontext des Abbaus der Indigenenpolitik und der Umweltschutzbehörden, dem der Staat in den vier Jahre der Regierung von Jair Bolsonaro ausgesetzt war. Aus diesem Grund präsentiert die vorliegende Ausgabe des Reports auch eine Bilanz der in diesem Zeitraum registrierten Gewalt und eine Aktualisierung der wichtigsten Daten, die zur Veranschaulichung dieser Realität beitragen.
So systematisiert der Report mit den Daten aus dem Jahr 2022 auch aktualisierte Daten zu Morden, Suiziden und Kindersterblichkeit, die sich auf diesen Vierjahreszeitraum beziehen. Die Informationen wurden bei öffentlichen Quellen eingeholt, z. B. dem Sondersekretariat für Indigene Gesundheit (Secretaria Especial de Saúde Indígena, Sesai), dem Informationssystem zur Sterblichkeit (Sistema de Informação sobre Mortalidade, SIM) und bei Gesundheitsämtern der Bundesstaaten.
Die erklärte und absichtliche Haltung der Untätigkeit der Regierung Bolsonaro bei der Demarkierung Indigener Territorien führte zu einer Verschärfung der Konflikte um Territorialrechte, die in vielen Fällen einhergingen mit Drohungen, bewaffneten Angriffen und Morden an indigenen Leitungspersonen
Gewalt gegen Eigentum
Die im ersten Kapitel des Reports vorgestellten „Gewalttaten gegen Eigentum“ indigener Völker sind in drei Kategorien unterteilt: Unterlassung und Säumigkeit bei der Landregulierung, in der 867 Fälle registriert wurden; Konflikte im Zusammenhang mit Gebietsrechten, mit 158 Einträgen; sowie Besitzübergriffe, illegale Ausbeutung natürlicher Ressourcen und verschiedene Sachbeschädigungen, eine Kategorie, in der die Zahl der Fälle mit 309 Einträgen den siebten Anstieg in Folge verzeichnete.
Insgesamt wurden im Jahr 2022 also 1.334 Fälle von Gewalt gegen das Eigentum indigener Völker registriert. Zu den hauptsächlichsten Arten der in diesem Jahr registrierten Schäden an indigenem Eigentum gehören die Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch Abholzung, Bergbau und Goldsuche, illegale Jagd und Fischerei sowie Besitzübergriffe im Zusammenhang mit Landschwindel.
Bei den meisten der 1.391 Indigenen Territorien und Territorialforderungen (62%) stehen noch irgendwelche Verwaltungsmaßnahmen aus, wie aus der jährlich aktualisierten Cimi-Anfrage hervorgeht. Unter den 867 betroffenen Indigenen Territorien gab es bei mindestens 588 keine staatlichen Maßnahmen zur Demarkierung; sie warten immer noch auf die Bildung von Technischen Arbeitsgruppen (Grupos Técnicos, GTs) durch die Funai, die für die Identifizierung und Demarkierung dieser Gebiete zuständig ist.
Die wenigen im Jahr 2022 eröffneten oder neu geschaffenen Arbeitsgruppen wurden erst durch gerichtliche Anordnung im Rahmen von Klagen der Bundesstaatsanwaltschaft (Ministério Público Federal, MPF) eingerichtet, und noch hat keine von ihnen ihre Arbeiten abgeschlossen.
Die erklärte und absichtliche Haltung der Untätigkeit der Regierung Bolsonaro bei der Demarkierung Indigener Territorien führte zu einer Verschärfung der Konflikte um Territorialrechte, die in vielen Fällen einhergingen mit Drohungen, bewaffneten Angriffen und Morden an indigenen Leitungspersonen.
Gewalt gegen Personen
Das zweite Kapitel des Reports enthält die Fälle von „Gewalt gegen Personen“. Hier wurden folgende Daten erfasst: Machtmissbrauch (29), Morddrohung (27), verschiedene Bedrohungen (60), Mord (180), Totschlag (17), vorsätzliche Körperverletzung (17), Rassismus und ethnisch-kulturelle Diskriminierung (38), Mordversuch (28) und sexualisierte Gewalt (20).
Die Aufzeichnungen belaufen sich im Jahr 2022 auf insgesamt 416 Fälle von Gewalt gegen Indigene. Zusammen verzeichneten die vier Jahre unter der Regierung von Jair Bolsonaro pro Jahr durchschnittlich 373,8 Fälle von Gewalt gegen Personen – in den vier Jahren davor, unter den Regierungen von Michel Temer und Dilma Rousseff, lag der Durchschnitt bei 242,5 Fällen pro Jahr.
Wie in den drei vorhergehenden Jahren waren 2022 Roraima (41), Mato Grosso do Sul (38) und Amazonas (30) die Bundesstaaten, welche die meisten Morde an Indigenen verzeichneten, gemäß der Daten von Sesai, SIM und den bundesstaatlichen Gesundheitsämtern. In diesen drei Staaten konzentrierten sich fast zwei Drittel (65%) der 795 Tötungsdelikte an Indigenen, die zwischen 2019 und 2022 registriert wurden: 208 in Roraima, 163 in Amazonas und 146 in Mato Grosso do Sul.
Unter diesen Fällen sind vor allem die Morde an Guarani- und Kaiowá-Anführern wie Marcio Moreira und Vitorino Sanches in den Monaten nach dem „Massaker von Guapoy“, bei dem der Kaiowá Vitor Fernandes getötet wurde, sowie die Ermordung von drei Guajajaras aus dem IT Arariboia – Janildo Oliveira, Jael Carlos Miranda und Antônio Cafeteiro – im September 2022 innerhalb von nur zwei Wochen.
Darüber hinaus wurden zahlreiche Fälle von Morddrohungen und Mordversuchen gegen Indigene registriert. Sie wurden im Allgemeinen von Farmern, Goldsuchern, Holzfällern, Fischern und Jägern verübt.
Auch die hohe Zahl der Fälle von Machtmissbrauch war in den vier Jahren der Regierung Bolsonaro konstant. Insgesamt gab es 89 Fälle, also durchschnittlich 22,2 pro Jahr – mehr als doppelt so viele wie in den vier Vorjahren unter den Regierungen Dilma und Temer, als durchschnittlich 8,7 Fälle pro Jahr registriert wurden. Diese Kategorien dokumentieren den institutionellen Verfall und den Abbau der Schutzmechanismen für die indigenen Völker in dieser Zeit.
Die Tatsache, dass ein Teil der Gesundheitsstruktur des IT Yanomami in abgelegenen und schwer zugänglichen Regionen von Goldsuchern in Beschlag genommen wurde, zeigt, dass die Realität sicherlich noch ernster ist, als die offiziellen Daten vermuten lassen
Gewalt durch Untätigkeit der Behörden
Die Fälle von „Gewalt durch Untätigkeit der Behörden“ werden im dritten Kapitel des Reports systematisiert und in sieben Kategorien unterteilt. Auf der Grundlage des Gesetzes über den Zugang zu Informationen (Lei de Acesso à Informação, LAI) erhielt CIMI von Sesai Teilinformationen über den Tod indigener Kinder im Alter zwischen 0 und 4 Jahren. Die von dem Sekretariat bereitgestellte Daten zeigen, dass es im Jahr 2022 zu 835 Todesfällen indigener Kinder dieser Altersgruppe kam. Die meisten wurden in Amazonas (233), in Roraima (128) und in Mato Grosso (133) registriert.
In ganz Brasilien verzeichnete Sesai zwischen 2019 und 2022 insgesamt 3.552 Todesfälle in dieser Altersgruppe. Betrachtet man den Vierjahreszeitraum, konzentrierten sich die meisten Todesfälle auf dieselben drei Bundesstaaten: Insgesamt gab es 1.014 Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren in Amazonas, 607 in Roraima und 487 in Mato Grosso, so die aktualisierten Daten von Sesai.
Der Distrikt für Indigene Gesundheit Yanomami und Ye’kwana (DSEI-YY), der das IT Yanomami abdeckt und sich über die Bundesstaaten Roraima und Amazonas erstreckt, verzeichnete zwischen 2019 und 2022 insgesamt 621 Todesfälle von Kindern im Alter von 0 bis 4 Jahren, was 17,5% aller Todesfälle indigener Kinder in dieser Altersgruppe ausmacht. Laut DSEI-YY wird die Bevölkerung im IT Yanomami auf etwa 30.500 Indigene geschätzt – was nur 4% der Gesamtzahl der von Sesai unterstützten indigenen Bevölkerung entspricht, wie aus öffentlichen Informationen des Sekretariats hervorgeht. Die Tatsache, dass ein Teil der Gesundheitsstruktur des IT Yanomami in abgelegenen und schwer zugänglichen Regionen von Goldsuchern in Beschlag genommen wurde, zeigt, dass die Realität sicherlich noch ernster ist, als die offiziellen Daten vermuten lassen.
Informationen aus öffentlichen Quellen, die bei SIM und bundesstaatlichen Gesundheitsämtern eingeholt wurden, beziffern 115 indigene Selbstmorde im Jahr 2022, die meisten davon in den Bundesstaaten Amazonas (44), Mato Grosso do Sul (28) und Roraima (15). Mehr als ein Drittel der Todesfälle durch Suizid (39, also 35%) geschah unter Indigenen bis zum Alter von 19 Jahren.
Zwischen 2019 und 2022 belaufen sich aktualisierte Daten aus denselben Quellen auf 535 Todesfälle von Indigenen durch Selbstmord. In diesem Zeitraum verzeichneten wieder dieselben drei Bundesstaaten die meisten Fälle: In Amazonas (208), Mato Grosso do Sul (131) und Roraima (57) konzentrierten sich in diesen vier Jahren 74% der indigenen Selbstmorde.
In diesem Kapitel wurden außerdem folgende Daten für das Jahr 2022 erfasst: allgemeiner Mangel an Unterstützung (72 Fälle), mangelnde Unterstützung im Bildungsbereich (39), mangelnde Unterstützung im Gesundheitsbereich (87), Verbreitung von Alkohol und anderen Drogen (5), Tod aufgrund mangelnder Gesundheitsversorgung (40) – also insgesamt 243 Fälle.
Dass von den 117 bei Cimi registrierten indigenen Gruppen in freiwilliger Isolation 86 von der Funai nicht anerkannt werden
Isolierte Völker
Die indigenen Völker in freiwilliger Isolation gehören zu den Gruppen, die am stärksten betroffen waren durch die bewusste Politik von Unterlassung und mangelndem Schutz der Regierung Bolsonaro, die im Jahr 2022 noch schwerwiegendere und offensichtlichere Konturen annahm. Auf diese Situation wird im vierten Kapitel des Reports eingegangen.
Nach Angaben des Teams zur Unterstützung der Freien Völker (Equipe de Apoio aos Povos Livres, Eapil/Cimi) wurden im Laufe des Jahres Fälle von Invasionen und Sachschäden in mindestens 36 ITs festgestellt, in denen es 60 Aufzeichnungen über isolierte indigene Völker gibt.
Diese Realität wird durch die Tatsache verschärft, dass von den 117 bei Cimi registrierten indigenen Gruppen in freiwilliger Isolation 86 von der Funai nicht anerkannt werden. Das bedeutet, dass für den Staat diese Völker unsichtbar und auch die möglichen Gewaltsituationen, denen sie ausgesetzt sind, einschließlich der Gefahr, Opfer von Völkermord zu werden. Selbst unter den von Funai anerkannten isolierten Völkern verbrachten viele das Jahr 2022 völlig schutzlos. Das war der Fall der isolierten Gruppe von Mamoriá Grande. Ihre Präsenz in der Kommune von Lábrea (Amazonas) wurde von der Funai bestätigt, aber es kam zu keinerlei Schutzmaßnahmen seitens der Behörde. Dasselbe gilt für die isolierte Gruppe im IT Jacareúba/Katawixi (ebenfalls Amazonas), die das ganze Jahr 2022 ohne jeglichen Schutz war aufgrund des Entscheids der Funai unter Leitung von Marcelo Xavier, den Erlass der betreffenden Nutzungseinschränkung nicht zu erneuern.
Bei diesen Erlassen handelt es sich um Maßnahmen, die speziell darauf abzielen, Gebiete von Völkern in freiwilliger Isolation, deren Demarkierung noch nicht abgeschlossen ist, vor Invasionen zu schützen. Die Regierung Bolsonaro verfolgte aber auch im Jahr 2022 weiterhin die Politik, die Erlasse gar nicht oder lediglich für kurze Zeiträume von nur sechs Monaten zu verlängern. Diese Praxis signalisierte Invasoren und Länderdieben, dass diese Territorien bald zur Ausbeutung und privaten Aneignung zur Verfügung stehen würden. Die weitläufigen Invasionen im IT Piripkura im Bundesstaat Mato Grosso und im IT Ituna/Itatá im Bundesstaat Pará sind Beispiele für diesen Kontext.
Diese Politik ging einher mit der kontinuierlichen Schwächung der Ethno-Umweltschutz-Basen (Bases de Proteção Etnoambiental, BAPEs) der Funai, die für die Kontrolle von Gebieten zuständig sind, in denen isolierten Völker leben. Diesen Basen fehlt selbst die minimalste operative Kapazität zur Erfüllung ihrer Aufgabe, wie im Fall der ITs Vale do Javari und Yanomami deutlich wurde.
Gedenken
Das fünfte Kapitel des Reports, das der Reflexion über das Thema Gedenken und Gerechtigkeit gewidmet ist, präsentiert eine der letzten Arbeiten des in diesem Jahr verstorbenen Forschers Marcelo Zelic (1963-2023). Zelic widmete sein Leben der Bewahrung der Erinnerung durch Dokumentationsarbeit sowie dem Kampf für die Schaffung von Mechanismen zur Verhinderung neuer Menschenrechtsverletzungen gegen die indigenen Völker.
In den letzten Jahren kämpfte er für die Gründung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission (Comissão Nacional Indígena da Verdade, CNIV) zur Untersuchung und Wiedergutmachung dieser Verbrechen. In seinem unveröffentlichten Text, den Cimi als Hommage veröffentlicht, vertritt Zelic diesen Vorschlag und stellt seine Vorstellungen über Aufgaben, Funktionsweise und Organisation der Kommission dar.
Artikel
Die vorliegende Ausgabe des Reports enthält auch Artikel zur Vertiefung der Reflexion über einige der hier behandelten Themen. Einer von ihnen analysiert die verheerende Lage im Yanomami-Territorium aus der Perspektive des Völkermordes, skizziert die Geschichte der jüngsten Versäumnisse des Staates im Zusammenhang mit den Goldsucher-Invasionen und zeigt die Beziehung zwischen den schweren Gewalttaten und Übergriffen, denen dieses Volk in der Gegenwart ausgesetzt ist, und dem Haximu-Massaker vom Jahr 1993, also dem ersten Fall, der in Brasilien als Völkermordverbrechen verurteilt wurde.
Zwei weitere Texte befassen sich mit der Situation inhaftierter Indigener und der Verweigerung ihrer Rechte durch die Justiz sowie mit dem Abbau der Indigenenpolitik der Regierung Bolsonaro, die aus der Perspektive der verwendeten Haushaltsmittel analysiert wird.
Der Report Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien ist eine jährliche Veröffentlichung des Indigenisten-Missionsrates (Cimi, Conselho Indigenista Missionário – Fachstelle für Indigenenfragen), einem Organ, das der (katholischen) Brasilianischen Bischofskonferenz (Conferência Nacional dos Bispos do Brasil, CNBB) angeschlossen ist. Cimi wurde 1972 gegründet und engagiert sich seit fünfzig Jahren für die indigene Sache.
Aus dem brasilianischen Portugiesisch übersetzt von Monika Ottermann