INFO-BRIEF 836: Guarani Kaiowá protestieren gegen Vorurteile und Lügen in Mato Grosso do Sul
Am 27.9.2008 gab es im Zentrum von Dourados eine Kundgebung der Guarani Kaiowá, um der Bevölkerung mitzuteilen, dass sie nur ihre traditionellen Gebiete, wie in der Verfassung garantiert, wollen. Seit Juli gibt es eine Kampagne von Politikern und Fazendeiros gegen die Demarkierung indigener Gebiete in der Region.
Wie von den Indios jahrelang gefordert, setzte die FUNAI im Juli Technikergruppen für territoriale, archäologische und anthropologische Erhebungen zur Vorbereitung der Identifikation des traditionellen Gebietes der Guarani Kaiowá ein. Nachdem die Techniker im Einzugsbereich von 26 Gemeinden ihre Untersuchungen aufnahmen, behaupteten antiindigene Gruppen, dass die gesamte Fläche (etwa 12 Millionen ha oder ein Drittel des Bundesstaates) demarkiert wird. Durch diese Fehlinformation, die auch viele Medien veröffentlichten, stiegen die Vorurteile gegen die Indios.
„Demarkierung ja, Gewalt nein! Wir sind das brasilianische Volk, wir eignen uns kein Land an, wie es in Zeitungen und im Fernsehen heißt. Der Indio ist kein Eindringling in Gebiete. Im Gegenteil. Wir wollen nur unsere Rechte, die wir laut Verfassung haben“, sagte der Guarani Leoson Mariano.
Der Kazike Getúlio de Oliveira vom indigenen Gebiet Dourados weist die Lügen hinsichtlich der Größe des von den Guarani Kaiowá geforderten Gebiets zurück. “Wollten wir wirklich unser ursprüngliches Land, so würde es sich über Argentinien, Paraguay, Bolivien und andere Bundesstaaten erstrecken. Wir wollen nur jenes Territorium, auf dem unsere Vorfahren lebten. Wir wollen nicht ganz Mato Grosso do Sul”, betonte der Kazike.
An der Kundgebung haben neben den Indios aus den Aldeias von Dourados, Campo Grande, Iguatemi und Douradina auch Studenten der Universitäten sowie Vertreter der sozialen Bewegungen teilgenommen. Es war die erste Veranstaltung der Índios, um die Bevölkerung für die Demarkierung zu sensibilisieren.
Regionale Versammlungen zur Ausarbeitung des neuen Statuts der Indigenen Völker
Vom 23.-25.9.2008 fanden in Imperatriz (Maranhão) und in Recife (Pernambuco) die ersten regionalen Versammlungen der Indios statt, bei denen die Richtlinien für einen neuen Vorschlag des Statuts der Indigenen Völker diskutiert wurden. Bis Jahresende gibt es noch weitere acht Versammlungen zu denen über Tausend Índios erwartet werden.
Die Berichte der Versammlungen werden an die Nationale Kommission für Indigene Politik (CNPI) geleitet, die aus allen Beiträgen einen Text zusammenfasst, der an die Abgeordnetenkammer ergeht. Das derzeitige Statut – Gesetz Nr. 6001 geht auf das Jahr 1973 zurück. Nach Verabschiedung der Verfassung 1988 hat die Abgeordnetenkammer anfangs der 1990er Jahre die Diskussion über ein neues Statut für die indigenen Völker begonnen. Die 1994 eingesetzte Sonderkommission hat die Vorschläge der Abgeordneten in einem Gesetzesprojekt zusammengefasst und dem Direktorium der Kammer übermittelt. Die Vorlage wurde bis heute nicht behandelt.
Die Indios fordern eine rasche Diskussion des Projekts, das die CNPI der Kammer vorschlagen wird. “Wir brauchen dringend ein neues Statut, das besser unserer Realität entspricht. Aufgrund unserer Mitarbeit wird das Statut besser auf unsere Denkweise und Lebensformen eingehen. Auch wenn es manchmal schwer ist, einen Vorschlag auszuarbeiten, wissen wir, was wir wollen oder nicht”, sagte Sonia Silva, vom Volk Guajajara und von der Koordination der Organisationen der Indigenen Völker von Maranhão (COAPIMA).
Versammlung in Recife
Etwa 100 Indios aus Pernambuco, Alagoas und Sergipe sowie Vertreter von indigenen Organisationen und dem Justizministerium befassten sich besonders mit dem indigenen Schulwesen und der Nutzung der Wasserressourcen. Für alle Projekte, die indigene Gebiete betreffen, fordern die Índios ein Gesetz, das jedem Vorhaben bescheinigt, das es im Interesse des Bundes ist. Auch soll die Beratung mit den betroffenen Gemeinschaften garantiert werden.
Am Nachmittag des 24. September haben die Indios den Prozess hinsichtlich des Gebiets der Pataxó Hã Hã Hãe (Bahia) beim Obersten Gericht verfolgt. Nach der Versammlung gab es eine Kundgebung vor dem Denkmal Nie wieder Folter im Zentrum von Recife, um die Ermordung von Mozeni Truká am 23.8.2008 zu beklagen. Kritisiert wurde auch die Kriminalisierung von indigenen Vertretern im Nordosten des Landes. Danach gab es ein Treffen mit dem Sekretären für Menschenrechte und Sicherheit des Bundesstaates.
Versammlung in Maranhão
Nach Imperatriz waren 100 Indios aus Maranhão, Tocantins, Goiás, Vertreter des Justizministeriums und indigene Organisationen gekommen. Die Ausbeutung der Wasservorräte und anderer natürlicher Ressourcen stand hier im Vordergrund der Diskussionen. Bei Projekten im Interesse des Bundes sollen die Índios bereits bei der Ausarbeitung einbezogen werden. Die Indios kritisierten die Ausbeutung von Holz und nichterneuerbaren Ressourcen. „Wir brauchen strengere Gesetze gegen Holzunternehmen“, sagte Sônia Guajajara von der COAPIMA. Für andere Rohstoffe wäre ein Plan für die Nachhaltigkeit erforderlich.
Brasília, 2. Oktober 2008
Cimi – Indianermissionsrat