Info-brief 835 – Eros Grau stimmt für Nichtigkeit der Besitztitel von Gebieten der Pataxó Hã Hã Hãe
Gestern 24.9., begann am Obersten Gericht der Prozess, bei dem über die Nichtigkeit von Besitztitel über das indigene Gebiet Caramuru-Catarina Paraguassu vom Volk Pataxó Hã Hã Hãe im Süden von Bahia verhandelt wird. Seit 26 Jahren waren die Indios auf eine Entscheidung. Der Bericht erstattende Minister des Prozesses, Eros Grau, hat das indigene Recht auf Land anerkannt und die Titel als nichtig erklärt. Nach dieser Stimmabgabe beantragte Minister Carlos Alberto Menezes Direito die Vorlage der Dokumente, um den Abschluss des Verfahrens zu beschleunigen.
Rund 200 Indios haben in Brasília das Verfahren verfolgt und sie sind mit dem Teilergebnis zufrieden: „Man ist auf alles vorbereitet. Gut, dass der Prozess jetzt endlich beginnt, denn für uns waren es 26 Jahre voll Leid. Die Ältesten sind beruhigt und zuversichtlich, dass wir unser Land zurückbekommen. Wir sind voll Vertrauen, denn die erste Abstimmung war sehr gut“, sagte die Kazikin Ilza Rodrigues.
Die indigenen Vertreter Pataxó Hã Hã Hãe baten die FUNAI um mehr Polizeiaufsicht in der Region zum Schutz vor möglichen Angriffen. Seit der Ansiedlung der Gemeinschaft in den 1920er Jahren gibt es ständig Aggressionen gegen die Indios. Im Jahr 1937 hat der Indianerschutzdienst – SPI das Gebiet mit einer Fläche von 54.105 Hektar abgegrenzt und Teile des Territoriums zwischen den 1940er und 1950er Jahren verpachtet. In dieser Zeit wurden viele indigene Familien gewaltsam vertreiben und Indios ermordet.
Zwischen 1976 und 1980 haben die Regierungen von Bahia behauptet, es gebe keine Indios im Gebiet und vergaben Besitztitel an Fazendeiros. Trotz der Verfolgungen sind einige Familien geblieben und organisierten 1982 die Rückgewinnung des traditionellen Gebietes. Im gleichen Jahr beantragte die FUNAI auch das Verfahren zur Erklärung der Nichtigkeit der Besitztitel.
Gewalt und Widerstand
Minister Eros Grau bestätigte, dass „es keine gültigen Besitztitel für das indigene Gebiet gibt“. Es wurden keine Titel vor 1967 vergeben und laut damaliger Verfassung gehören „von Indios besetzte Gebiete“ dem Bund und können durch den Bundesstaat Bahia nicht an Dritte vergeben werden. Eros Graus verwies auf die Gutachten und Erhebungen, die eine indigene Präsenz im Gebiet im Jahr 1967 bestätigen. Auch durch die gewaltsame Vertreibung der Indios, wie im Fall der Pataxó habe das Gebiet den Charakter traditionell nicht eingebüßt.
Vor der Stimmabgabe von Minister Eros Graus empfahl der Generalanwalt der Republik, Antônio Fernando Souza, die Nichtigkeit der Besitztitel. Seiner Auffassung nach sei der Fall der Pataxó Hã Hã Hãe nicht mit dem Fall des indigenen Gebiets Raposa Serra do Sol (Roraima) zu vergleichen, weil der am 27.8.2008 eröffnete Prozess hinsichtlich Raposa Serra do Sol Größe, Örtlichkeit und Gültigkeit des Verfahrens der Demarkierung behandle.
Der Bundesstaat Bahia wird von Anwalt Antonio José Teles, die Besetzer des Gebietes durch den Anwalt und ehemaligen Minister des Wahlgerichts vertreten. Ihrer Aussage zufolge haben das Landwirtschaftsministerium und der SPI 1961 bestätigt, dass es in der Region keine Indios gebe.
Der Anwalt der FUNAI, Antônio Salmeirão, und der Generalanwalt des Bundes, Antônio Toffoli, vertreten die FUNAI, die den Prozess beantragt hat. Salmeirão erinnerte, dass der Bundesstaat Bahia die indigene Anwesenheit im umstrittenen Gebiet anerkannt hat, das Territorium auf der Grundlage bundesstaatlicher Gesetze demarkiert und viele Indios vertrieben wurden, wenn sie wirtschaftlichen Interessen im Wege standen. Laut Toffoli sei der Fall einfach: die vier Gutachten bestätigen das Gebiet als traditionell und darum seien die Besitztitel nicht zu beachten. Zudem haben an die 30 Prozent der Landwirte das Gebiet bereits verlassen, nachdem sie entschädigt wurden.
Die Gemeinschaft Pataxó Hã Hã Hãe tritt neben der FUNAI im Prozess auf. Sie wird von Rechtsreferenten des CIMI, Paulo Machado Guimarães, vertreten, der den Fall seit 1982 begleitet. Er legte Beweise für die ständige indigene Anwesenheit seit der Besiedlung vor. Den indigenen Vertreter Samado Santos, der allen Verfolgungen zum Trotz im Gebiet geblieben ist, bezeichnete Guimarães als Held des Volkes und er drängte auf eine schnelle Korrektur der „rechtlichen ungerechten“ Vergabe der Besitztitel. „Die Pataxó Hã Hã Hãe sind da und sie sind wie andere Völker stolz auf den pluriethnischen Staat“, sagte Guimarães.
Für Minister Direito sind die aufgeworfenen Fragen nicht einfach. Wie im Fall von Raposa Serra do Sol beantragte er eine Aktenvorlage. „Meinem Verständnis nach gibt es eine Verbindung zwischen den zwei Fällen, die etwas gemeinsam haben, unabhängig von der Frage der Besitztitel“, so Direito.
Es gibt keinen Termin für die Fortsetzung des Prozesses. „Wir hoffen, dass es bald sein wird, denn wir warten schon sehr lange auf unser Gebiet“, sagte Kazikin Ilza.
Brasília, 25. September 2008
Cimi – Indianermissionsrat