Cimi info-brief 828: Symposion über Raposa Serra do Sol im Justizministerium
Am 4. August 2008 fand im Justizministerium ein Symposion über das indigenen Gebiet Raposa Serra do Sol statt, bei dem Anthropologen, Juristen und Indios unter anderem über die Vorurteile gegenüber den Indios diskutierten. Dabei betonte der Jurist Dalmo Dallari, er glaube an die Justiz, dass sie die in der Bundesverfassung 1988 festgelegten indigenen Rechte respektiere.
Dallari, emeritierter Professor der Rechtsuniversität, verwies, dass die indigenen Rechte ursprünglich sind. Die Indios haben Recht vor anderen, denn diese Völker sind ursprünglich von hier. Die Indios haben Recht auf die ausschließliche Nutzung ihrer traditionellen Gebiete, nicht nur jener Flächen, auf denen sie leben, sondern auch wo sie Fischfang und Landwirtschaft betreiben. Für ihr kulturelles Überleben brauchen sie auch Orte für ihre Riten, wo sie ihre Vorfahren begraben“, erläuterte der Professor das Gutachten über die Bedeutung von traditionellen Territorien.
Am 27.8.2008 wird der Oberste Gerichtshof eine beantragte Annullierung des Erlasses verhandeln, der die Grenzen von Raposa Serra do Sol im Nordosten von Roraima festlegt. Das Gebiet wurde nach anthropologischen und territorialen Studien im Jahr 1998 demarkiert und 2005 homologiert. Trotzdem weigern sich einige Reisproduzenten das Territorium zu verlassen. Wiederholt sind sie mit Gewalt gegen die Indios vorgegangen.
Über die nichtindigenen Besetzer von Raposa Serra do Sol sagte der Jurist: „Sie invadieren Besitz des brasilianischen Volkes. Die indigenen Gebiete sind Besitz des Bundes. Eine Gruppe kann sich dieses Land nicht aneignen, um Gewinn daraus zu erzielen“. Und auf das Argument, dass die Wirtschaft von Roraima durch die Demarkierung benachteiligt sei, sagte Dalmo, dass „ein Großteil des Exportgewinns dem Unternehmer und nicht dem brasilianischen Volk zugute kommt“.
Grenzgebiet
Der Generalanwalt des Bundes, José Antônio Dias Toffoli, bestätigte die Rechtmäßigkeit von Raposa Serra do Sol. „Die Souveränität ist mit indigenen Gebieten besser geschätzt als mit Gebieten von Privatpersonen“, antwortete Toffoli jenen, die Demarkierungen in Grenzgebieten in Frage stellen.
Laut Verfassung muss der Nationale Sicherheitsrat über Demarkierungen im Grenzgebiet nicht entscheiden. Im Fall einer Bedrohung der Souveränität, etwa bei Krieg, müssen die Indios umgesiedelt und danach wieder in ihre Gebiete zurück gebracht werden, legt das Gesetz fest.
Am Symposion teilgenommen hat auch die ehemalige Umweltministerin, Senatorin Marina Silva (PT-AC). Sie unterstrich die wichtige Rolle der indigenen Völker für den Umweltschutz. Darauf Jacir Makuxi: „Wenn es keinen Indio an einem Ort gibt, darum, weil es keine Möglichkeit zum Fischen und Jagen gibt. Mein Vater sagte, man dürfe in der Nähe eines Flusses, eines Wasserfalls keine Häuser errichten, sonst würde der Gott der Fische sie töten. (…) Die Portugiesen zerstörten die Umwelt. Wir bewahren sie und niemand ist dankbar dafür. Im Gegenteil, uns will man auslöschen“.
Der Indio berichtete von Gewaltakten gegen die Völker Makuxi, Igarinkó, Wapichana, Ingarikó und Pantamona infolge ihres Einsatzes für ihre Gebiete den letzten drei Jahrzehnten. Wir haben 21 Verwandte verloren. Keiner der Mörder wurde verhaftet, aber wir gingen nie soweit und haben keine Weißen ermordet“. Abschließend appellierte er an die Teilnehmer des Symposions: „Sagen Sie Ihren Verwandten, dass man uns nicht länger misshandelt“.
Truka gegen Umleitung des São Francisco und für Demarkierung ihres traditionellen Gebietes
Die Truka sind dabei, ihre Häuser zu renovieren, die bei einem Brand am 1.7.2008 in dem von ihnen zurück gewonnenen Gebiet nahe der Baustelle zur Umleitung des Francisco zerstört wurden. Das Volk drängt auf die Demarkierung des Gebietes, das vom Projekt betroffen sein könnte.
Den Brand haben spielende Kinder verursacht. Die Flammen griffen auf Dutzende Häuser über, die im Juli 2007 auf dem Gebiet errichtet wurden, das von der Demarkierung ausgenommen wurde. Die Rückgewinnung war auch eine Folge der Besetzung des Landstriches durch soziale Bewegungen im Juli 2007, auf dem die Flussumleitung erfolgen soll.
„Der Brand geschah, als sich eine positive Entwicklung im Fall unserer Rückgewinnung abzeichnete, denn es ist gelungen, dass die Regierung ein Team mit der Demarkierung des noch ausständigen Territoriums beauftragte“, sagte Kazike Neguinho Truká.
Der Aufbau der Häuser stärkt den Einsatz des Volkes, das von vielen Institutionen Unerstützung erhält, etwa Kleider oder Lebensmittel.
Gerichte müssen noch entscheiden
Obwohl die Umleitung des fortgesetzt wird, ist noch eine gerichtliche Entscheidung offen. Das Oberste Gericht muss noch ein Urteil fällen hinsichtlich der Aufhebung einer erteilten Umweltgenehmigung.
Zudem beantragt die Bundesstaatsanwaltschaft am 17.7.2008 ein Verfahren gegen den Ex-Präsidenten des IBAMA (Brasilianisches Institut für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen), Marcos Barros. Er wird beschuldigt, entgegen das präsidentielle Dekret über die Nationale Politik für Umwelt und den Obersten Gerichtshof im März 2007 die Umweltgenehmigung für die Umleitung des São Francisco erteilt zu haben. Laut Anklageschrift wusste Barros, dass die Genehmigung erst nach öffentlichen Audienzen mit der von der Umleitung betroffenen Bevölkerung vergeben werden durfte.
(mit Informationen von Roberto Saraiva)
Brasília, 7. August 2008
Cimi – Indianermissionsrat