17/01/2006

CIMI INFO-Brief 694

Polizei vertreibt Guarani-Kaiowá. Fazendeiros stecken Häuser in Brand


 


Am Vormittag des 15.12.2005 hat die Bundespolizei mit 200 bewaffneten Männern, ausgerüstet mit Tränengas und Gummiwurfgeschossen, einem Helikopter, drei Bussen und acht weiteren Fahrzeugen die Vertreibung der Guarani-Kaiowá von ihrem Gebiet Ñande Ru Marangatu in der Gemeinde João Antônio im Bundesstaat Mato Grosso do Sul vorgenommen. Das Gebiet wurde im März 2005 von Präsident Luis Inácio Lula da Silva homologiert, aber das Oberste Bundesgericht hob die Homologation wieder auf und ermöglichte ein weiteres gerichtliches Verfahren zur Reintegration von Besitz. Das Territorium ist die Heimat von mehr als 500 Indios.


 


“Unglaublich, was hier passiert ist. Wir glauben nicht, dass das Land, in dem wir leben, so etwas mit den Leuten macht“, äußerte sich die bestürzte indigene Vertreterin Eugênio Morales.


 


Am Nachmittag, nachdem Vertreter von Menschenrechtsorganisationen und Journalisten, die als Beobachter vor Ort waren, das Gebiet verlassen haben, legten Fazendeiros in den Häusern der Indios Feuer. “Jetzt haben wir verloren. Wir vertrauten auf die Gerechtigkeit, aber wir wurden Zeugen wie Fazendeiros unsere Häuser zerstörten. Wir haben unsere Nahrungsmittel, Dokumente und vieles mehr verloren. Uns blieben nur die Kleider am Leib. Man hat uns am Straßenrand ausgesetzt“, beklagt die Lehrerin Guarani, Léia Aquino, am Telefon.


 


Vor der Vertreibung der Guarani-Kaiowá überflog ein Helikopter mehrmals das Gebiet, um die Indios zu erschrecken. Während der Operation wurde niemand verletzt. Die Indios flehten um Gerechtigkeit. Auf einem der von Kindern getragenen  Transparente und Banner stand: “Während die Herren Minister, Richter und Polizisten das schönste Weihnachtsfest für ihre Kinder vorbereiten, werden wir auf die Straße gesetzt“.


 


Trauer, Empörung und Sorge waren spürbar bei den Ritualen der Vertreter Guarani-Kaiowá, die gewaltlosen Widerstand leisten wollten.


 


Der CIMI ist bestürzt über die Vertreibung aus einem homologierten Gebiet. Wenn die Polizei Indio und indigene Gebiete, die Eigentum des Bundes sind, schützen soll, fehlt es immer an Geld und Personal. Das war kürzlich bei Angriffen und einem Brandanschlag auf das Bildungszentrum in Raposa/Serra do Sol der Fall. Wenn es um den Schutz von Fazendeiros geht, die unrechtmäßig in indigenes Land eingedrungen sind, dann ist der brasilianische Staat schnell zur Stelle.


 


FUNAI will indigenes Reservat für Krahô-Kanela einrichten



 


FUNAI-Präsident Mércio Pereira Gomes hat am 13.12.2005 seine Entscheidung mitgeteilt, das von den Krahô-Kanela zurück gewonnene Land nicht als traditionelles Gebiet dieses Volkes zu betrachten. Um den Indios dennoch Land zu garantieren, soll stattdessen auf dem Territorium ein Reservat für die Gemeinschaft eingerichtet werden, die seit mehr als 30 Jahre für die Anerkennung ihres Gebietes kämpft. Derzeit lebt die Gruppe zusammengepfercht in einem Haus neben der Müllsammelstelle von Gurupi (Tocantins).


 


Das Reservat ist ein Erfolg für die Krahô-Kanela, nachdem die Direktion der FUNAI jahrelang ihre Verpflichtung gegenüber diesem Volk nicht wahrgenommen hat. Für die Unterstützung ihres Einsatzes um Land haben die Indios Partner unter der lokalen Bevölkerung, unter sozialen Bewegungen und anderen Gemeinschaften gesucht und auch gefunden. Verbündete haben sie auch innerhalb der Legislative und der Staatsanwaltschaft, sodass es endlich gelungen ist, die Aufmerksamkeit der FUNAI auf ihre Anliegen zu lenken.


 


Diese Woche wurde ein Vertrag für die Gründung des Reservats unterzeichnet, die in zwei Etappen erfolgen soll. Bis spätestens 31.1.2006 werden mit finanziellen Mitteln des INCRA zwei Fazendas gekauft, die sich etwa über 6 ha erstrecken. “Für die restliche Fläche stellt die FUNAI ein außerordentliches Budget zur Verfügung“, heißt es unter anderem im Abkommen, das die Indios und die FUNAI unterschrieben haben. Senator Paulo Paim, Vize-Präsident der Kommission für Menschenrechte des Senats will sich kümmern, dass im Bundesbudget 2006 entsprechende Beträge für die Gründung des Reservats berücksichtigt werden. Bis Jahresende sollen die Krahô-Kanela ihr Land uneingeschränkt nutzen können.


 


Rechtsform der juristischen Person nun auch für indigene Gemeinschaften


 


Eine Forderung des CIMI wurde erfüllt. Die Nationale Kommission für Klassifikation des Planungsministeriums hat am 14.12.2005 entschieden, in die Liste der Rechtsformen auch indigene Gemeinschaften als gemeinnützige Vereine als juristische Personen aufzunehmen. Diese Entscheidung wirkt sich günstig für die Indios hinsichtlich des Steuer-, Finanz- und Vertragswesen aus. Für die volle Geschäfts- und Rechtsfähigkeit bedarf es künftig keiner Registrierung als Verband.


 


Diese Regelung ist ein Schritt des brasilianischen Staates zur Anerkennung der spezifischen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Organisationsformen bei der Anwendung der indigenen Rechte.


 


Gewalt bei der Versammlung der Indios Miqueleno


 


Die 4. Jahresversammlung der Miqueleno, vom 29.11.-10.12.2005 in der Gemeinde São Francisco de Guaporé (Rondônia), konnte erst unter Polizeischutz eröffnet werden. Angefordert hat den Schutz die Bundesstaatsanwaltschaft. Fazendeiros und Siedler sind zuvor in das Haus des indigenen Vertreters  Tanadi Miqueleno eingedrungen.


 


Fazendeiros, die den Verlust ihres Landes fürchten, versuchen die Gemeinschaft zu spalten und verbreiten das Gerücht, dass zwei Gruppen unterschiedliche Gebiete für sich fordern.


 


Die rund 170 Indios Miqueleno leben verstreut im Bundesstaat Rondônia.


 


Bei ihrer Versammlung forderten die Indios erneut die Demarkierung ihres traditionellen Gebietes sowie ein spezifisches Gesundheits- und Bildungswesen. Seit 1986 dauert der Einsatz der Miqueleno für ihr Gebiet Limoeiro, von dem sie vom IBAMA vertrieben wurden, um für die Gründung des biologischen Reservats Guaporé Platz zu machen. Ein anderer Teil ihres Landes wurde von Fazendeiros gemietet oder von Landspekulanten verkauft.


 


Brasília, 15. Dezember 2005.


 


CIMI – Indianermissionsrat


 

Fonte: Cimi - Assessoria de Imprensa
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