CIMI INFO-BRIEF 671
Militärpolizei tötet zwei Indios in Pernambuco
Am 30.06.2005 wurden Adenilson dos Santos, 38 Jahre, und sein Sohn Jorge dos Santos, 17 Jahre, vom Volk Truká im indigenen Gebiet Truká auf der Insel Assunçao in der Gemeinde Cabrobó (PE) von Militärpolizisten in Zivil erschossen. Der schwer verletzte Marcos José dos Santos, 26 Jahre, ist im Krankenhaus in Petrolina.
Die Gewalttat geschah beim Johannesfest von rund 400 Indios im Gebiet Truká. Die Indios feierten die Ankündigung der Asphaltierung der Straßen zwischen den Aldeias und den Baubeginn von Häusern, die vor zwei Jahren bei einer Überschwemmung des São Francisco zerstört wurden. Der Minister für Nationale Integration, Ciro Gomes, war an diesem Tag auf der Insel und informierte über diese Bauvorhaben.
Der Bericht der Indios und der Militärpolizei über das Verbrechen ist sehr unterschiedlich. Laut Indios schossen die Militärpolizisten bevor sie sich zu erkennen gaben. Die Militärs behaupten hingegen, sie hätten erst nach einer gewalttätigen Reaktion der Indios Schüsse abgefeuert. “Die Polizei will die Exekution rechtfertigen. Wir bestreiten nicht, dass gegen Adenilson ein Haftbefehl vorlag, aber warum wird eine Verhaftung während eines Festes um 09:00 Uhr abends durchgeführt?“ fragt der Kazike der Truká, Aurivan dos Santos.
Der Befehlshabe der Militärpolizei, Oberst Claudio Silva, sagte gegenüber der Zeitung Jornal do Commercio in Pernambuco, dass die Bundespolizei die Vorgangsweise prüfen werde. “Adenilson wurde unter anderem wegen Banküberfall und Bandenbildung gesucht. Aber seitens der Polizei gibt es auch missbräuchliche Übergriffe und das wird die Bundespolizei untersuchen“, so der Oberst.
Für die Truká stehen Haftbefehle im Zusammenhang mit dem Einsatz des Volkes für ihr traditionelles Land. Seit den 1990er Jahren wird das Volk kriminalisiert. Indigene Vertreter wurden wiederholt des Diebstahls, der Bandenbildung und anderer Verbrechen bezichtigt. In einem Interview im Februar 2005 sprach der ermordete Adenilson dos Santos über die Kriminalisierung der Vertreter seines Volkes: “Seit der Rückgewinnung werden wird ständig beschuldigt, etwa Vieh von den Fazendas zu stehlen. Dadurch soll der Einsatz der Vertreter verhindert werden. Die Verfahren ziehen sich in die Länge. Die Justiz hat kein Interesse, dass der Indio wieder schnell frei gelassen wird“.
Die Truká werfen dem Staatsanwalt von Cabrobó vor, die Kriminalisierung zu schüren. Der Generalstaatsanwalt des Bundesstaates Pernambuco, Francisco Sales, kündigte am 06.07.2005 eine diesbezügliche Untersuchung an.
Der Vertreter Pretinha Truká wird am 16.07.2005 bei einer Sitzung in Genf die Arbeitsgruppe Indigene Völker und Einrichtungen der Vereinten Nationen über das Verbrechen informieren. Pretinha und vier weitere indigene Vertreter verhandeln in Brasília mit Justizminister Márcio Thomaz Bastos, dass die Aufklärung der Tat durch die Bundesjustiz garantiert wird. Die Präsidentschaft der Kommission für Menschenrechte der Abgeordnetenkammer versprach am 07.07.2005 sich beim Justizministerium für rasche Untersuchungen einzusetzen.
Ständige Gewaltakte
In den letzten fünf Wochen forderten Landkonflikte vier tote Indios. In Maranhão wurde der Kazike der Guajajara, João Araújo (70) ermordet und sein Sohn (29) verletzt. Die Tat geht auf den Fazendeiro Milton Careca zurück, der indigenes Land beansprucht und die Gemeinschaft seit Monaten bedroht. In Mato Grosso do Sul, in der Gemeinde Sete Quedas, reagierten Fazendeiros auf die Rückgewinnung des Gebietes Guarani mit Gewalt. Ein Indio starb, fünf erlitten Verletzungen.
Demarkierung des Gebietes Ivy Katu
Am 04.07.2005 hat das Justizministerium den deklaratorischen Erlass für die Anerkennung des traditionellen Gebietes Ivy Katu der Guarani im Amtsblatt des Bundes veröffentlicht. Die FUNAI kann nun die Abgrenzung vornehmen und den Abzug der Invasoren veranlassen.
Ivy Katu in der Gemeinde Japorã im Bundesstaat Mato Grosso do Sul erstreckt sich über 9.454 ha und wurde 2003 von den Guarani Nhandeva nach jahrelangen Verhandlungen zurück gewonnen. Darauf hin strengte Fazendeiros Verfahren zur Reintegration von Besitz an. Der deklaratorische Erlass garantiert den Indios das Recht auf ihr traditionelles Gebiet. Vor der Rückgewinnung lebten etwa 3.800 Indios auf 1.648 ha des Reservats Porto Lindo.
Nach Raposa/Serra do Sol handelt es sich um den zweiten Erlass in diesem Jahr. Zwischen 1991 und 2001 haben die Regierungen Collor, Itamar und Fernando Henrique jährlich durchschnittlich 16 deklaratorische Erlässe veröffentlicht, während die Regierung Lula lediglich sechs Erlässe pro Jahr veröffentlicht.
Brasília, 07. Juli 2005.
Cimi – Indianermissionsrat