13/06/2005

CIMI INFO-BRIEF 666



POLITISCHE VEREINBARUNGEN VERHINDERN DEMARKIERUNG UND LEISTEN DER WALDZERSTÖRING VORSCHUB


 



Vertreter der Völker Enawenê-Nawê, Irantxe (Manuke) und Kayabi aus Mato Grosso verhandelten in Brasília über die Demarkierung ihrer traditionellen Gebiete, um dadurch die Zerstörung der Wälder und Flüsse zu verhindern.


 


In den Wäldern werden illegal für den Holzhandel geschlägert und durch Brandrodung Weideflächen und Felder für die Sojaproduktion geschaffen. Laut INPE (Nationales Institut für Raumstudien) gingen zwischen 2003 und 2004 weitere 26.130 km2 Regenwald verloren, davon 48,1 % in Mato Grosso.


 


Hinter dem Problemen der Anerkennung der indigenen Gebiete steckt ein politisches Spiel. Der Gouverneur von Mato Grosso, Blairo Maggi (PPS) ist einer der Bündnispartner der Bundesregierung und ist Mitglied der Partei von FUNAI-Präsident Mércio Pereira Gomes. Im Jahr 2003 forderte der Gouverneur von der Bundesregierung die Demarkierungen zwei Jahre lang einzustellen. Der Druck der Fazendeiros von Mato Grosso auf Bundesinstanzen ist bekannt. Maggi ist einer der größten Weltproduzenten von Soja und die Regierung Lula ist an einer positiven Außenhandelsbilanz interessiert.


 


Die Enawenê-Nawê drängen auf die Revision der Grenzen ihres Gebietes. Eine Arbeitsgruppe für anthropologische Studien wurde gegründet, aber die FUNAI hat das Verfahren unterbrochen und folgte einer Anordnung, dass Verfahren zur Revision von Gebietsgrenzen nicht weiterzuführen sind.


 


Die Gebiete der Irantxe und Kayabi wurden von der FUNAI identifiziert. Der Bericht ging an das Justizministerium, das die Akten ohne Kommentare an die FUNAI zurück übermittelte. “Wenn das Verfahren nicht weitergeführt wird, bedeutet das weitere Eingriffe in die Umwelt, etwa Holzschlägerungen und Landspekulation. Die Viehweiden dehnen sich immer weiter aus, sogar bis zu unseren Friedhöfen und unserer Töpferei“, sagte Raimundo Jywy vom Volk Kayabi.


 


Die Bundesstaatsanwaltschaft forderte vom Justizministerium Auskunft über die anthropologischen Gutachten der Gebiete der Irantxe und Kayabi sowie Maßnahmen gegen die weitere Zerstörungen der Wälder in den drei Gebieten. Die FUNAI will gemeinsam mit den Umweltorganen gegen die Waldzerstörung vorzugehen.


 


Die Kommission für Menschenrechte der Abgeordnetenkammer beschloss am 01.06.2005 eine öffentliche Audienz mit dem Justizministerium, der FUNAI, dem Brasilianischen Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IBAMA). Den Antrag eingebracht haben die Abgeordneten Eduardo Valverde (PT-RO) und Iriny Lopes (PT-ES) nach deren Gespräch mit den Indios. Die Audienz soll im August stattfinden.


 


Enawenê-Nawê


Zu diesem Volk gibt es erst seit 1974 Kontakte. Damals zählte die Gemeinschaft 97 Personen, heute sind es 430. Die Enawenê-Nawê wollen, dass auch die Region des Rio Preto zu ihrem Gebiet gehört. Diese Flusslandschaft wurde bei der Homologation von 1996 nicht berücksichtigt. Obwohl die FUNAI 2004 laut Bekanntmachung Techniker für Studien verpflichtet, wurde das Verfahren eingestellt.


 


Survival International fordert in einem Brief vom 31.05.2005 von der Regierung dringend Maßnahmen für dieses Volk. “Survival hat Besorgnis erweckende Informationen über die Situation in der Region des Rio Preto. Die verschmutzten und vergifteten Flüsse gefährden den Fischbestand und liefern kein Trinkwasser. (…)


Traditionell leben die Enawenê-Nawê vom Fischfang, vom Maisanbau und vom Nüsse Sammeln. Ihre Malocas errichten sie entlang des Rio Preto, der für das Volk spirituelle bedeutend ist.  Die Indios werden immer wieder von Fazendeiros eingeschüchtert, die wiederholt ihre Malocas in Brand setzten“ heißt es in dem Brief.


 


 



IN ESPÍRITO SANTO HABEN TUPINIKIM UND GUARANI IHRE GEBIETE ZURÜCKGEWONNEN



 


Rund 200 Indios aus sieben Aldeias in Espírito Santo begannen mit der Besetzung des Gebietes, dass sie während der letzten Wochen selbst demarkierten. Die Gruppe fällt Eukalyptusbäume auf den 11.009 ha des indigenen Gebietes, das die Firma Aracruz Celulose für sich beansprucht. Diese von der FUNAI identifizierte und von Ex-Justizminister Íris Rezende anerkannte Fläche wurde im Erlass zur Demarkierung aufgrund eines verfassungswidrigen Vertrages, den die Indios erst nach Druck unterzeichnet haben, nicht berücksichtigt.


 


Ein von Aracruz Celulose erwirktes Gutachten, das den Abzug der Indios aus dem Gebiet anordnete, hob die Bundesjustiz in zweiter Instanz auf, mit dem Argument, dass die FUNAI und die Bundesstaatsanwaltschaft vor einer Entscheidung angehört werden müssen.


 


Heute, am 02.06., findet in Vitória, in der Hauptstadt von Espírito Santo ein Marsch der Indios, der Landlosen und Kleinbauern für die Demarkierung der Gebiete Tupinikim und Guarani statt. Eröffnet wird auch das 4. Nationale Treffen des Netzwerkes Alarm gegen die Grüne Wüste. Dem Netzwerk gehören Gemeinden in den Bundesstaaten Minas Gerais, Espírito Santo, Bahia, Rio de Janeiro und Rio Grande do Sul an, die unter den Eukalyptus- und Pinien-Monokulturen leiden.


 


Auf Empfehlung der Bundesstaatsanwaltschaft beabsichtigt Justizminister Márcio Thomaz Bastos bis Mitte Juni einen neuen Erlass für die Demarkierung herauszugeben, der auch die 11.009 ha einschließt. Nach einem Gespräch mit den Kaziken versicherte FUNAI-Präsident Mércio Pereira Gomes, er werde mit dem Justizminister dahingehend verhandeln, dass ein neuer Erlass die Rechte der Tupinikim und Guarani auch über diese Fläche anerkennt.


 


Die von 500 Indios durchgeführte Selbstdemarkierung wurde vor neun Tagen abgeschlossen. “Heute werden wir weitere Eukalyptusbäume fällen und Strohhütten für jene Familien errichten, die hier bleiben. Wir werden heimische Bäume pflanzen und Felder für den Anbau von Nahrungsmitteln anlegen“, so die Indios.


 


 


Brasília, 02. Juni 2005


Cimi – Indianermissionsrat
www.cimi.org.br

Fonte: Cimi
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