14/04/2005

CIMI INFO-BRIEF 657

Für eine neue indigene Politik – Brasilienweite Mobilisierung im April


 


Im kommenden Monat sind zahlreiche Veranstaltungen und indigene Proteste geplant, bei denen Versäumnisse der spezifischen öffentlichen Politiken kritisiert und Vorschläge für Aktivitäten der brasilianischen Regierung für die indigenen Völker gemacht werden. Dazu wurde heute (31.03.) das „April-Manifest“ in Brasília vorgestellt.


 


Im Manifest wird beklagt, dass die Zahl der als indigen erklärten Gebiete unter der Regierung Lula so schlecht wie zum Ende des Militärregimes ist. In den zwei Jahren der Amtszeit von Lula wurden erst 13 Gebiete als indigen erklärt, während unter Fernando Henrique Cardoso jährlich durchschnittlich 14 Gebiete als indigen erklärt wurden. „Indigene Gebiete werden von einigen Gouverneuren für den politischen Tauschhandel missbraucht“, betonen die Organisationen des Forums zur Verteidigung der Indigenen Rechte, die das Dokument unterzeichnet haben.


 


Angeführt wird auch die Rückkehr des Militärs bei Entscheidungen über die indigene Politik und die Einmischung der „alten Ordnung des Großgrundbesitzes, der sich als Agrogeschäft verschleiert und den Ton angibt bei der Demarkierung der indigenen Gebiete. Der Sojaproduzent Blairo Maggi, Gouverneur von Mato Grosso, forderte von der Bundesregierung ein illegales und unmoralisches Moratorium für die Demarkierungen in seinem Bundesstaat. Seinem Wunsch wurde statt gegeben. Die Demarkierungen der indigenen Gebiete wurde einer ebenfalls illegalen Kommission unterstellt“.


 


Kritik wird auch an der Nationalen Stiftung des Indio (FUNAI) geübt. „Das indigene Organ verkündet durch seinen Präsidenten, Mércio Gomes, das ‚Ende der Demarkierungen“, dessen Frist er mit Ende des Mandats dieser Regierung festgelegt hat. Gleichzeitig reduziert die FUNAI die Technikergruppen für die Identifizierung der Indigenen Gebiete und lehnt die Anerkennung jener Flächen ab, die zu Unrecht von bereits demarkierten Gebieten ausgeschlossen wurden“.


 


Während der Präsentation des Manifests unterstrich der indigene Vertreter Jecinaldo Barbosa von der Koordination der Indigenen Organisationen von Amazonien Brasiliens (COIAB), dass die fehlende indigene Politik zu einer „Desorganisation“ der Regierung führe. Obwohl es finanzielle Mitteln etwa für die Gesundheit gibt, kann man das Problem nicht lösen“.


 


Für die Strukturierung einer indigenen Politik gibt es im Dokument folgende Vorschläge:


 


– die Gründung eines Nationalen Rates für Indigene Politik unter Einbeziehung der indigenen Völker und der zivilen Gesellschaft;


 


– der Kongress soll den Vorschlag zur Verfassungsänderung Nº 38/1999 und den PLS Nº188/2004 der Senatoren Mozarildo Cavalcante und Delcídio Amaral sowie andere legislative Initiativen zurückziehen, die auf die Verhinderung der Anerkennung indigener Gebiete abzielen. Die indigenen Rechte sollen im Rahmen des Statuts der Indigenen Gesellschaften und nicht gesondert davon geregelt werden.


 


– der Justizminister soll sofort die Gebiete zum indigenen Besitz erklären:


1. Morro dos Cavalos (SC), 2. Las Casas (PA), 3. Aldeia Condá (SC), 4. Toldo Imbu (SC), 5. Piaçaguera (SP), 6. Toldo Pinhal (SC), 7. Yvy-Katu (MS), 8. Cachoeirinha (MS), 9. Batelão (MT) und 10. Balaio (AM). Raposa/Serra do Sol muss als fortlaufendes Gebiet homologiert werden.


 


– gesetzliche Garantie der Mechanismen zur gerechten und gleichen Verteilung der Güter, festgelegt in der Konvention für biologische Vielfalt und vorherige Information und Zustimmung hinsichtlich der Nutzung des indigenen Wissens und der lokalen Bevölkerung.


 


Bericht von Amnesty International


 


Während der Präsentation des Manifest verwies der Vize-Präsident des CIMI, Saulo Feitosa, dass sich die Vorschläge des Forums sehr mit dem am 30.03.2005 vorgestellten Bericht „Fremde in unserem eigenen Land“ decken.


 


Amnesty empfiehlt eine Neustrukturierung des offiziellen indigenen Organs als Einlösung des Wahlversprechens von Lula. „Gerechte und schnelle Lösungen könnten sich auswirken auf Armut, Gewalt und anderen Missbrauch gegen die indigenen Völker und diese mindern. Diese Frage muss für die brasilianische Regierung Vorrang haben, im Einklang mit der Verfassung“.


 


Bei der Beobachtung der Verletzung der Menschenrechte der indigenen Völker, stellt der Bericht von Amnesty zwei Bereiche in den Vordergrund: die Landfrage und Gewalt. Den indigenen Gruppen wird ihr Land entzogen – illegal von Fazendeiros besetzt, nicht demarkiert oder von den Streitkräften enteignet. Konflikte und Ermordungen unter denen vor allem die  Cinta Larga in Rondônia, die  Xucuru in Pernambuco, die Guarani- Kaiowá in Mato Grosso do Sul und die Kaingang in Rio Grande do Sul leiden.


 


Belagerung


 


„Abril Indígena”  wird mit einem großen Lager auf der Esplanade vor den Ministerien in Brasília enden. Dazu werden fünf Malocas für Werkstätten, Seminare und Plenardebatten errichtet. Stattfinden wird es vom 24.04. bis 03.05.2005 in Zusammenarbeit mit dem von Via Campesina organisierten Marsch der Landarbeiter.


 


Homologation von Ñande Ru Marangatu


 


Am 29.03.2005 wurde die Demarkierung des indigenen Gebietes Ñande Ru Marangatu in der Gemeinde Antônio João, Mato Grosso do Sul, homologiert. Das vom Präsidenten der Republik unterzeichnete Dekret garantiert Guarani-Kaiowá die Nutznießung ihres traditionellen Gebietes.


 


Jetzt muss die Bundesregierung den Abzug der eingedrungenen Fazendeiros vornehmen.


 


Ñande Ru Marangatu wurde im Oktober 2004 mit einer Fläche von 9.316 ha demarkiert. Zeitgleich haben die Guarani-Kaiowá, die bis dahin auf 26 ha lebten, rund 500 ha ihres traditionellen Landes zurück gewonnen.


 


Nachdem fest stand, dass das Gebiet als traditionell anerkannt wurde, legten Fazendeiros vor Gericht Einspruch ein, mit der Folge, dass den Indios die Gefahr ihrer Vertreibung drohte.


 


Auf dem zurück gewonnenen Gebiet konnten die Guarani-Kaiowá nun wieder für ihren Unterhalt anbauen, etwa Maniok, Bohnen, Mais, Kartoffeln, Reis und Bananen.


 


Indios Terena könnten von Buriti vertrieben werden


 


Während des Verfahrens zur Reintegration von Besitz wurden die gleichen Argumente gegen die indigenen Rechte eingebracht wie bei anderen Prozessen zur Klärung der Landfrage, etwa im Fall des Gebietes Buriti der Terena in den Gemeinden Dois Irmãos do Buriti und Sidrolândia. Hier könnte ein Urteil zur Reintegration von Besitz ab 31.03.2005 vollzogen werden.


 


Indigene Vertreter, die an der Regionalen Konferenz für Indigene Politik in Mato Grosso teilnahmen, sperrten aus Solidarität mit dem Volk Terena am 30.03.2005 die Straße von Dourados nach Ponta Porã und forderten die Regelung für alle indigenen Gebiete im Bundesstaat.


 


Brasília, 31. März 2005.


 


CIMI – Indianermissionsrat


 

Fonte: Cimi - Assessoria de Imprensa
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