14/07/2008

CIMI INFO-BRIEF 823: Repressionen der Militärpolizei gegen Familien Guarani

CIMI INFO-BRIEF 823


 


Repressionen der Militärpolizei gegen Familien Guarani


  


Vier Familien vom Volk Guarani waren am 1.7.2008 in der Gemeinde Eldorado do Sul starken Repressionen seitens der Militärpolizei von Rio Grande do Sul ausgesetzt. Am 1.06.2008 haben die Familien eine Besetzung begonnen und lagern seither am Straßenrand nahe dem Gebiet, das für sie als traditionell gilt und das sich im Besitz des Bundesstaates Rio Grande do Sul befindet.


 


Dort, wo die Familie lagern, ist der Sitz der Stiftung für landwirtschaftliche Studien (FEPAGRO). Diese Stiftung beantrage am 26.6.2008 vor Gericht ein Verfahren zur Reintegration von Besitz, mit der Behauptung, die Guarani würden Land der FEPAGRO besetzen. Die Indios haben das mit einem Zaun umgebene Territorium der Stiftung nie betreten. 


 


Das Verfahren wurde beim Amtsgericht in Eldorado do Sul eingebracht und noch am gleichen Tag erteilte Richterin Luciane Di Domenico eine einstweilige Verfügung zur Reintegration von Besitz ohne die Indios anzuhören. Am 30.6.2008 erfolgte die Anordnung der Reintegration von Besitz. Tags darauf informierte ein Mitarbeiter des Gerichts die Indios von diesem Urteil. Eine schwer bewaffnete Militäreinheit hat ihn begleitet.


 


Der indigene Vertreter Guarani Santiago Franco berichtete, dass ein starkes Polizeikontingent die Indios zum Abzug zwang. Die vier Familien, vor allem Frauen und Kinder waren überaus verstört. Die Polizisten drangen gewaltsam in das Lager ein und legten Santiago Handschellen an. Dieser fragte, ob man ihm erlaube, die FUNAI für Verhandlungen zu rufen. Man sagte, dass niemand gekommen sei, um zu verhandeln, sondern um die Anordnung der Richterin zu erfüllen.


 


Der CIMI betrachtet die Entscheidung der Richterin als unzulässig, da es laut Bundesverfassung in der Kompetenz des Bundes liegt, über indigene Rechte zu entscheiden. Zudem hat die Verfügung nicht entsprochen, da sich die Indios nie über den Zaun hinweggesetzt hatten und sie nicht vom Volk Kaingang sind (wie es im Spruch hieß). Auch waren die FUNAI und die Bundesstaatsanwaltschaft nicht unterrichtet, um die Vertreibung zu begleiten.


 


Heute, 2.7. waren die Guarani bei Vertretern der Staatsanwaltschaft der Republik in Porto Alegre und forderten, dass der Fall der Bundesjustiz übertragen wird.


 


Gericht bestimmt Weiterführung der Demarkierung des indigenen Gebietes Guarani do Araça’i


 


Das Regionale Bundesgericht der 4. Region von Rio Grande do Sul legte die Weiterführung des Verfahrens der Demarkierung des indigenen Gebietes Guarani do Araça’i bis zur endgültigen Entscheidung fest. Dadurch haben die Indios die Möglichkeit, das Gebiet Araça’i zu besetzen, das als indigen gilt und von dem Nichtindios keine Besitztitel haben.


 


Die Entscheidung erfolgte aufgrund einer Berufung seitens der FUNAI und des Bundes gegen die von Bundesrichter Narciso Baez erteilte Verfügung, durch die der vom Justizminister unterzeichnete Demarkatorische Erlass Nr. 790 vom 19.4.2007, außer Kraft gesetzt wurde.


 


Infolge dieses Urteils kann die FUNAI die Demarkierung des indigenen Gebietes Araça’i fortsetzen, die Grundstückserhebungen und die Grenzfestlegung vornehmen, wie das Dekret 1.775/96 festlegt, in dem das administrative Verfahren für indigene Gebiete geregelt ist.


 


Geschichte


Das indigene Gebiet Guarani do Araça’í gehört zum Einzugsgebiet der Gemeinden Saudades und Cunha Porã (SC). Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die Indios von Kolonisierungsunternehmen von ihren Gebieten vertrieben. Seit 1998 fordern sie ihr traditionelles Gebiet und waren all die Jahre ständiger Gewalt ausgesetzt.


 


Seit 2001 leben die Guarani auf acht Hektar des indigenen Gebietes Toldo Chimbangue II der Kaingang in der Gemeinde Chapecó. Durch den Landmangel kann die Versorgung der Gemeinschaft nicht gewährleistet werden und sie ist von Hilfe der staatlichen Organe abhängig.


 


Ein im Oktober 2005 veröffentlichter anthropologischer Bericht weist 2.721 Hektar als traditionelles Land der Guarani aus. Seither wartet die Gemeinschaft auf die Rückkehr in ihr angestammtes Territorium, das für das physische und kulturelle Überleben des Volkes unverzichtbar ist.


 


Brasília, 02. Juli 2008


Cimi – Indianermissionsrat


 

Fonte: Cimi
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