Info-Brief 812: Terra Livre 2008: 800 Indios fordern in Brasília ihre Rechte und protestieren gegen Regierung
Von 15.-17.4.2008 fand in Brasília das Lager Terra Livre 2008 statt, an dem rund 800 Indios teilnahmen. Heuer ging es vor allem um die Kritik der willkürlichen Haltung und Unterlassungen in Bezug auf die Rechte der indigenen Völker seitens des brasilianischen Heeres, des Gesundheitsministeriums und des Obersten Gerichts. Am 18.4. waren 35 Indios bei einer Audienz mit Präsident Luís Inácio Lula da Silva, der seine Teilnahme bei der nächsten Sitzung der Nationalen Kommission für Indigene Politik zusagte.
Vor dem Verteidigungsministerium protestierten die Indios gegen die Haltung des Heeres hinsichtlich der territorialen indigenen Rechte und verweisen auf die ablehnenden Äußerungen von General Augusto Heleno, Militärkommandant in Amazonien, bezüglich der fortlaufenden Demarkierung von Raposa Serra do Sol in Roraima.
Auch das Oberste Gericht entscheidet immer wieder gegen die Interessen der indigenen Völker. Am 9.4.2008 wurde der angeordnete Abzug der Reisproduzenten aus dem indigenen Gebiet aufgehoben. Ein weiteres Beispiel ist die Verzögerung bei Verfahren, etwa hinsichtlich des indigenen Gebietes der Pataxó Hã-Hã-Hãe in Bahia, die seit über 25 Jahren auf die Aufhebung der Besitztitel warten oder hinsichtlich des Gebietes Ñhanderu Marangatu der Guarani Kaiowá in Mato Grosso do Sul. Seit 2005 steht die Beeinspruchung der Homologation zur Entscheidung an.
Am Abend des 17.4. gab es ein Gespräch betroffener Indios mit dem Vize-Präsidenten des Obersten Gerichts, Minister Gilmar Mendes. Bezüglich Raposa erklärte der Minister, er werde „alle beteiligten anhören“ und das, obwohl er sich bereits drei Tage zuvor für die fortlaufende Demarkierung der indigenen Gebiete ausgesprochen hatte. Er sei über die Fälle ihrer Gebiete informiert, sagte er zu den Pataxó Hã-Hã-Hãe und Guarani Kaiowá.
Während der Audienz mit Präsident Lula übergaben die Indios das Schlussdokument von Terra Livre 2008. Der Präsident versprach, mit dem Justizminister und dem FUNAI-Präsidenten die Minister des Obersten Gerichts von der Notwendigkeit der fortlaufenden Demarkierung von Raposa Sera do Sol zu überzeugen.
Chaos im Gesundheitswesen
Terra Livre diskutierte auch die Mängel in der Gesundheitsversorgung und die Teilnehmer protestierten vor dem Gesundheitsministerium mit einem Sarg mit der Aufschrift „FUNASA tötet indigene Völker, um das Organ symbolisch zu Grabe zu tragen.
Am 17.4. waren Vertreter der FUNAI, der FUNASA, der Generalanwaltschaft des Bundes, der Ministerien für Bildung und Umwelt sowie die Staatsanwältin der 6. Kammer der Republik, Deborah Duprat, beim Lager, um die Forderungen der indigenen Vertreter zu hören.
Chinaglia versprach baldige Behandlung des Statuts
Die Hauptforderung von Terra Livre 2008 war die Behandlung des Statuts der Indigenen Völker, das seit 13 Jahren zur Entscheidung im Kongress ansteht. Am 16.4.2008 gab es ein Treffen mit dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Arlindo Chinaglia (PT-SP) und anderen Parlamentariern. Chinaglia versprach, das Statut der Indigenen Völker auf die Tagesordnung zur Abstimmung durch den Kongress zu setzen. Die Indios forderten zudem die Verabschiedung des Gesetzesprojekts für den Nationalen Rat für Indigene Politik.
Zu Beginn von Terra Livre erinnerte der Rechtsreferent des CIMI, Paulo Guimarães, an die historische Bedeutung des indigenen Einsatzes seit der Verabschiedung der Verfassung 1988 und er unterstrich vergleichbare Anstrengungen für das Statut, „das mindestens 15 Themen behandelt“.
Der Kazike Marcos Xukuru, von der Artikulation der Indigenen Völker aus dem Nordosten, aus Minas Gerais und Espírito Santo (APOIME) sprach bei der Eröffnung über die Notwendigkeit der Gründung des Nationalen Rates für Indigene Politik, dem indigene Vertreter und Regierungsvertreter angehören und die über öffentliche Politiken entscheidet. „Als Protagonisten unserer eigenen Geschichte, wollen wir die uns betreffenden Angelegenheiten definieren“, so der Kazike.
Das Lager Terra Livre fand heuer zum fünften Mal statt. Es wurde von der Artikulation der Indigenen Völker Brasiliens – APIB (COIAB, APOINME, ARRPINSUL und ARPIPAN) und vom Forum zur Verteidigung der Indigenen Rechte – FDDI (COIAB, APOINME, CIR, FOIRN, CTI, CIMI, INESC, ISA, CCPY, ANALI, ABA und OPAN) organisiert.
Brasília, 24. April 2008
Cimi – Indianermissionsrat