CIMI INFO-BRIEF 658
Indios von Bahia fordern bessere Schulpolitik
Für die Kinder der Pataxó Hã-Hã-Hãe gab es in diesem Schuljahr nur eine Woche Unterricht, da es Probleme beim Transport von den Aldeias in die Schulen gibt. Das indigene Recht auf eine differenzierte Schulbildung wird kaum geachtet. Es fehlen indigenen Lehrer, Löhne werden lange nicht ausbezahlt und es gibt kaum spezifische Lehrpläne. Angesichts dieser Tatsachen haben sich die Völker Pataxó, Pataxó Hã-Hã-Hãe und Tupinambá von Olivença im Süden von Bahia organisiert, und setzen sich gemeinsam für eine bessere indigene Schulbildung ein.
Den Vorstellungen der Indios nach sollte ein Staatliches Forum für Indigene Bildung für eine indigene Schulpolitik sorgen. Diese nicht formelle Instanz sollte mit den Indios, mit Universitäten und dem Staatlichen Sekretariat für Erziehung kooperieren. Die Völker fordern einen Staatlichen Rat für Indigene Erziehung, der die Kompetenz hat, über das indigene Schulwesen zu entscheiden. In der Praxis gibt es zwar ein gesetzlich garantiertes Forum, aber der Bundesstaat vernachlässigt die differenzierte Bildung. Es gibt ständig Auseinandersetzungen, zum Beispiel wie in Geografie der ethno-geografische Name für unsere Region definiert wird“, sagt Agnaldo Pataxó Hã-Hã-Hãe.
Angestrebt wird auch ein Kurs für die Ausbildung von Lehrern für höhere Bildungsstufen. Es gab eine erste Schulung für Lehrer in den indigenen Gebieten, damit „sich diese nicht von ihren Familien trennen müssen“, so Agnaldo. Das Ministerium für Bildung, die Universität von Bahia und andere Organisationen wollen dieses Projekt verstärkt unterstützen.
Diese Woche wurde ein Verband Opahãba (Organisation der Indigenen Völker Pataxó, Pataxó Hã-Hã-Hãe und Tupinambá für Indigene Schulbildung) für indigene Lehrer, Vertreter, Eltern und Schüler der drei Völker gegründet. „Wir wollen weitere Gemeinschaften einbeziehen. Wenn wir Schule und Gemeinschaft nicht als Einheit sehen, dann ist unsere Position gegenüber dem Staat geschwächt. Wir brauchen Vertreter, Eltern, Lehrer und Schüler“, betont Agnaldo.
Mobilisation der Pataxó Hã-Hã-Hãe für Verbesserungen im Gesundheitsdienst
Im Gebiet der Pataxó Hã-Hã-Hãe im Süden von Bahia gibt es eine von der FUNASA eingerichtete Gesundheitsstation, die bisher kaum betreut wurde. Die Mitarbeiter waren nicht in der Aldeia sondern in der 5 km entfernten Stadt Pau Brasil. Am 04.04.2005 haben die Pataxó Hã-Hã-Hãe die Initiative ergriffen und „Medikamente und Instrumente von der Stadt in die Gesundheitsstation der Aldeia gebracht, die meist geschlossen ist, da die Mitarbeiter in der Stadt und nicht hier in der Aldeia ihren Dienst verrichten“, so die Indios. Es gibt keine Arzneien für die Behandlung etwa von Bluthochdruck oder Diabetes. Schwierigkeiten gibt es auch bei Labor- und Schwangerschaftsuntersuchungen.
Bei einer Sitzung mit der FUNASA im April 2004 versprach das Organ die Regelung der Arbeitszeiten in den Aldeias, die Bereitstellung von Medikamenten, Fahrzeuge für den Transport der Kranken und des Personals. Im Februar 2005 wurde darüber erneut mit der FUNASA verhandelt. Das nächste Gespräch findet am 08.04.2005 mit dem Direktorium der FUNASA in Brasília statt.
Die Indios beklagen seitens der FUNASA die mangelnde „Kontrolle“ des Gesundheitspersonals, das von den Gemeinden angestellt ist. „Der neue Bürgermeister verwendete das vorgesehene Budget nicht für die Bezahlung des Gesundheitspersonals. Er hat die Mitarbeiter entlassen“, kritisiert Kazike Gerson Pataxó Hã-Hã-Hãe.
Im indigenen Gesundheits- und Schulwesen gibt es viele vergleichbare Probleme und offene Fragen.
Soziale Kontrolle
Laut Indios bemüht sich die FUNASA nicht, dass die Versammlungen der Lokalen Gesundheitsräte stattfinden. „Das letzte Treffen fand bei uns für zwei Jahren statt“,
so Gerson Pataxó Hã-Hã-Hãe.
Der Lokale Gesundheitsrat ist gemäß Gesetz die erste Instanz der sozialen Kontrolle über die indigene Gesundheitsbetreuung. Ihm gehören von der Gemeinschaft gewählte Vertreter sowie die Kaziken und Pajés (traditionelle Medizinmänner) an.
Frauen kritisieren indigene Politik
Die Organisation der Indigenen Frauen von Roraima (OMIR) übermittelten am 04.04.2005 an Präsident Lula, an das Justizministerium und an das Sekretariat für Menschenrechte ein Dokument, in dem sie das Fehlen einer indigenen Politik und das Zögern bei der Lösung von lebenswichtigen Fragen, etwa die Anerkennung ihrer Gebiete, scharf verurteilen. Der Text wurde von 40 indigenen Vertreterinnen bei einer Versammlung vom 02.-03.04.2005 ausgearbeitet.
Die Frauen kritisieren die Straffreiheit und die Unterlassungen der Autoritäten hinsichtlich der Gewalt gegen die Gemeinschaften Jawari, Homologação und Brilho do Sol im November 2004, als 37 Häuser zerstört und auf einen Macuxi geschossen wurde.
Die Frauen von Roraima werden sich „Abril Indígena“ anschließen. Diese vom Forum zur Verteidigung der Indigenen Rechte unterstütze Bewegung plant eine Belagerung der Esplanade vor den Ministerien, um auf die Versäumnisse der Regierung Lula bezüglich der ethnischen Gruppen aufmerksam zu machen.
OMIR spricht sich auch gegen den PEC 38/1999 von Senator Mozarildo Cavalcante (PTB/RR) aus, der auf eine 50 %-ige Reduzierung von indigenen Gebieten und Naturschutzgebieten in jedem Bundesstaat abzielt und die Homologation der indigenen Gebiete dem Nationalkongress überträgt.
Die Frauen drängen auf die Achtung der Konvention 169 und lehnen jegliche Verhandlungen über die in der Verfassung festgelegten indigenen Rechte ab. „Wir stellen fest, dass unsere Rechte auf Land nicht verhandelbar sind. Keine Regierung darf mit den Rechten irgendeines indigenen Volkes feilschen. Gesetze sind zu respektieren und zu vollziehen. Darum muss das Gesetz zur Homologation von Raposa/Serra do Sol gemäß Erlass 820/98-MJ auch umgesetzt werden“, bekräftigen die Frauen.
Brasília, 07. April 2005.
CIMI – Indianermissionsrat