CIMI INFO-BRIEF 631
Die Regierung Lula und die Landfrage
Rund 200 indigene Vertreter von 16 Völkern haben sich am 15.09.2004 in Brasília zur Vorbereitung ihrer Forderungen getroffen, die sie tags darauf bei einer Audienz an Vertreter des Bundes richteten. Die Situation für die indigene Bewegung ist schwierig und darum ist es umso wichtiger, vereint aufzutreten. „Die Tränen unserer Verwandten drängen uns zum Widerstand“, sagte Vize-Kazike Wellington Tapuia von Goiás.
Zu Beginn des Seminars befassten sich die Vertreter mit den Problemen für den indigenen Einsatz angesichts der Haltung der Regierung bei Verfahren der Demarkierung von Gebieten. „Die Regierung setzt die Macht der Exekutive, Legislative und Judikative ein, um den Kampf der Völker zu schwächen. Es wurden Gebiete verkleinert, Fristen für die Veröffentlichung von Identifikationen auf die lange Bank geschoben. Wir sollen an Ermüdung sterben“, so Julio José de Souza Makuxi vom Indianerrat von Roraima (CIR).
Die Erwartungen der indigenen Völker an die Regierung Lula blieben unerfüllt. Die Regierung förderte die Militärisierung und hat indigene Anliegen als Fragen der nationalen Sicherheit behandelt, besonders nach der Stärkung des Kabinetts für Institutionelle Sicherheit und der Kammer für Aussenbeziehungen der Nationalen Verteidigung (CREDEN), die seit Mai 2004 für die Formulierung der indigenen Politik im Land verantwortlich ist.
Im Kongress wurden wieder Projekte eingebracht, die indigene Gebiete in Grenzregionen nicht zulassen.
Die Regierung kündigte an, bis zum Ende ihres Mandats alle Gebiete zu demarkieren. Laut Saulo Feitosa, Vize-Präsident des CIMI, sind im letzten offiziellen Dokument 19 indigene Gebiete weniger zur Demarkierung vorgesehen als im Dokument davor. Auch wurden weniger Arbeitsgruppen zur Identifikation eingesetzt. Bei den 33 Homologationen durch die Regierung Lula war das bereits unter der Regierung Fernando Henrique Cardoso abgeschlossen.
Die stellvertretende Staatsanwältin Déborah Duprat verwies auf Aussagen von FUNAI-Mitarbeitern in der Zeitung Correio Braziliense vom 01.09.2004. Ein langjähriger Mitarbeiter und der jetzige FUNAI-Präsident bezweifelten die Legitimität von Gemeinschaften, die sich erst jüngst als indigen bekannten. Diese Haltung entspricht nicht der Konvention 169 der ILO, laut der als indigen jene Völker gelten, die sich als solche identifizieren. Funktionären der FUNAI stehen solche Äusserungen nicht zu“, so Duprat.
Ständig sind indigene Delegationen in Brasília, um über Fragen der Bildung, der Gesundheit und der indigenen Gebiete, die Bundesangelegenheit sind, zu verhandeln. Diese Delegationen treten gemeinsam auf und sie drängen auf schnellere und wirksame Entscheidungen, da ihre Forderungen mehrheitlich seit Jahrzehnten aktuell sind.
Ein Hauptthema bei der Audienz war das Verfahren der Demarkierung der Gebiete Pataxó (Monte Pascoal – Bahia), Guarani und Terena (La Lima und Cachoeirinha – Mato Grosso do Sul), Raposa/Serra do Sol (Roraima), Guajajara (Maranhão), Kalankó, Karuazu, Katokim und Koiupanká (Alagoas); Krahô-Kanela, Javaé und Karajá (Tocantins) und Tapuia (Goiás).
Zur Sprache kamen auch die Anwesenheit von Grossgrundbesitzern in indigenen Gebieten, vor allem der Soja-Produzenten im Zentralwesten, der Bau der Wasserstrasse Araguaia-Tocantins, die Priorität, die Naturschutzgebiete des IBAMA in den Territorien der Javaé und Karajá auf der Insel Bananal geniessen.
Hingewiesen wurde zudem auf die angespannte Situation der letzten sechs Avá-Canoeiro, die noch immer auf die Erfüllung eines Vertrages warten, auf die Umleitung des Tocantins in den São Francisco sowie auf die Strassen durch indigene Gebiete und den nachhaltigen Plan Amazonien.
Bei der Audienz wurde auch ein Bericht über die Situation der Krahô-Kanela in Tocantins übergeben. Das Volk wohnt seit neun Monaten in einem Haus der FUNAI und wartet auf eine Antwort des indigenen Organs hinsichtlich der Demarkierung seines Gebietes.
Die Versammlung der indigenen Vertreter in Brasília wurde vom Forum zur Verteidigung der indigenen Rechte unterstützt. Dem Forum gehören unter anderem die Koordination der Indigenen Organisationen vom brasilianischen Amazonien (COIAB), der Indianerrat von Roraima (CIR), die Kommission Pró-Yanomami, das sozio-ökologische Institut, das Zentrum für indigene Arbeit, der Brasilianische Verband der Anthropologen, der Indianermissionsrat, die Parlamentarische Front zur Verteidigung der indigenen Rechte und die 6. Kammer der Bundesstaatsanwaltschaft an.
Brasília, 16. September 2000