28/07/2025

Das erste Jahr nach dem Inkrafttretens des Stichtag-Gesetzes war geprägt von Konflikten und Gewalt gegen indigene Völker, die um Land kämpfen

Die Offensive des Nationalkongresses gegen indigene Rechte spiegelte sich im Jahr 2024 in Gewalt gegen Völker und Gemeinschaften in deren Territorien wider, so der Jahresbericht von Cimi

Relatório Violência contra os Povos Indígenas no Brasil - dados de 2024

2024 war das erste Jahr, das unter dem Gesetz 14.701/2023 begann, das vom Nationalkongress verabschiedet und in den letzten Dezembertagen 2023 verkündet worden war. Die Erwartung der indigenen Völker und ihrer Verbündeten war, dass das so genannte „Stichtag-Gesetz“ angesichts seiner offensichtlichen Verfassungswidrigkeit und des offensichtlichen Konflikts mit dem jüngsten Urteil des Obersten Bundesgerichtshofs (Supremo Tribunal Federal, STF) zu diesem Thema schnell gekippt werden würde. Dies ist jedoch nicht geschehen. Das Gesetz blieb während des gesamten Jahres 2024 in Kraft, schwächte die territorialen Rechte der indigenen Völker, schuf Unsicherheit und schürte Konflikte und Angriffe gegen indigene Gemeinschaften in allen Regionen des Landes. Dies geht aus dem Bericht „Gewalt gegen die Indigenen Völker in Brasilien – Daten zu 2024“ (Violência Contra os Povos Indígenas do Brasil – dados de 2024) hervor, einer jährlichen Veröffentlichung des Indigenisten-Missionsrates (Cimi).

Die Gültigkeit des Gesetzes 14.701 wurde von der Exekutive, die für die Demarkierung indigener Landgbiete zuständig ist, als Hindernis für die Fortsetzung der Verwaltungsprozesse zur Anerkennung und Legalisierung Indigener Territorien bezeichnet. Trotz der sofortigen Anfechtung des Gesetzes vor dem Obersten Gerichtshof entschied sich der Berichterstatter der Anträge dafür, das Gesetz in Kraft zu lassen und eine „Schlichtungskammer“ einzurichten, womit Diskussionen wieder aufgenommen wurden, die vom STF selbst bereits überwunden worden waren.

Infolgedessen kamen die Demarkierungen nur langsam voran, und indigenen Landgebiete, auch bereits regulierte, erlitten Invasion und Druck durch Landräuber, Farmer, Jäger, Holzfäller und Erzschürfer – neben anderen Invasoren, die sich durch den Kontext der Verzerrung der Gebietsrechte ermutigt fühlten. Die Zahl der Morde und Selbstmorde unter Indigenen blieb hoch, ebenso wie die Fälle von Vernachlässigung und Untätigkeit gegenüber Völkern und Gemeinschaften.

Dieses Szenario wurde durch die Klimakrise weiter verschärft, mit beispiellosen Überschwemmungen im Bundesstaat Rio Grande do Sul und Dürreperioden mit großen Bränden im Pantanal (Sumpfgebiet im Staat Mato Grosso do Sul), im Cerrado (Savanne im Mittelwesten) und im Amazonasgebiet. Die indigenen Völker gehörten zu denen, die von diesen tragischen Ereignissen am stärksten betroffen waren. Im Süden Brasiliens verschlimmerten die Überschwemmungen die Lage von Gemeinschaften, die bereits in einer Situation der Verwundbarkeit und Desterritorialisierung in Lagern und am Rande von Landstraßen leben. In den Regionen Norden und Westen erschwerte war das Fehlen von Personal und Strukturen zur Überwachung und zum Schutz von indigenen Landgebieten die Bekämpfung der Flammen, die mehrere Territorien einäscherten.

 In einem Szenario der Hoffnungslosigkeit in Bezug auf den Fortschritt der Demarkierungen suchten indigenen Gemeinschaften durch Besetzungen und Wiederbesetzungen ein Mindestmaß an Lebensraum für ihren Lebensunterhalt in ihren eigenen Territorien sicherzustellen. Aus Vergeltung erlitten sie eine Serie von gewalttätigen Angriffen durch Farmer und deren Milizen, mit Duldung – und in vielen Fällen mit direkter Beteiligung – von Polizeikräften

Während das Jahr 2023 mit Angriffen auf das Volk der Avá-Guarani im Westen des Bundesstaates Paraná in der Weihnachtszeit und der Verabschiedung eines Gesetzes endete, das die verfassungsmäßigen Rechte der Indigenen schwächte, was der erste Monat von 2024 geprägt durch ein brutales Ereignis, das den Ton setzte für das, was das Jahr für die indigenen Völker in ihrem Kampf um die Demarkierung ihrer Landgebiete werden sollte. Am 21. Januar griff eine große Gruppe bewaffneter Farmer mit Schüssen und Gewaltakten im Süden des Bundesstaates Bahias eine Wiederbesiedlung der Pataxó Hã-Hã-Hãe und Pataxó in Potiraguá an. Die Anführerin Maria Fátima Muniz de Andrade, bekannt als Nega Pataxó Hã-Hã-Hãe, wurde mit einem Schuss aus einer Feuerwaffe ermordet bei einem Angriff, bei dem mehrere Indigene verletzt und drei weitere angeschossen wurden.

Das Volk der Avá-Guarani in Paraná war auch im Jahr 2024 immer wieder Opfer von Angriffen, ebenso wie die Guarani und Kaiowá in Mato Grosso do Sul, insbesondere zwischen Juli und September. In einem Szenario der Hoffnungslosigkeit in Bezug auf den Fortschritt der Demarkierungen suchten indigenen Gemeinschaften durch Besetzungen und Wiederbesetzungen ein Mindestmaß an Lebensraum für ihren Lebensunterhalt in ihren eigenen Territorien sicherzustellen. Aus Vergeltung erlitten sie eine Serie von gewalttätigen Angriffen durch Farmer und deren Milizen, mit Duldung – und in vielen Fällen mit direkter Beteiligung – von Polizeikräften.

Die in diesem Kapitel aufgeführten Fälle stehen in direktem Zusammenhang mit der Schwächung der Rechte der indigenen Völker durch das Gesetz 14.701, wie von der Nationalen Stiftung für Indigene Völker selbst anerkannt wird

„Stichtag Nein“: Banner im rückeroberten Indigenen Territorium Panambi - Lagoa Rica, in Douradina (Mato Grosso do Sul), das 2024 unter ständigen Angriffen stand. Foto: Gabriel Schlickmann

„Stichtag Nein“: Banner im rückeroberten Indigenen Territorium Panambi – Lagoa Rica, in Douradina (Mato Grosso do Sul), das 2024 unter ständigen Angriffen stand. Foto: Gabriel Schlickmann

Gewalt gegen Eigentum

Die im ersten Kapitel des Berichts zusammengefassten „Gewalttaten gegen Eigentum“ der indigenen Völker belief sich im Jahr 2024 auf insgesamt 1.241 Fälle. Dieser Abschnitt gliedert sich in drei Kategorien: Unterlassung und Langsamkeit bei der Regulierung von Landgebieten, welche die Liste aller indigenen Landgebiete mit irgendeiner offenen Fragen oder ohne Maßnahmen zur ihrer Legalisierung vorstellt (857 Fälle); Konflikte im Zusammenhang mit Territorialrechten, mit 154 Einträgen in 114 Indigenen Territorien in 19 Bundesstaaten); und Besitzübergriffe, illegale Ausbeutung natürlicher Ressourcen und verschiedene Sachbeschädigungen, mit 230 Fällen in 159 indigenen Landgebieten in 21 Bundesstaaten Brasiliens.

Die in diesem Kapitel aufgeführten Fälle stehen in direktem Zusammenhang mit der Schwächung der Rechte der indigenen Völker durch das Gesetz 14.701, wie von der Nationalen Stiftung für Indigene Völker (Fundação Nacional dos Povos Indígenas, Funai) selbst anerkannt wird. Als die Behörde im Rahmen einer Anfrage aufgrund des Gesetzes über den Zugang zu Informationen (Lei de Acesso à Informação, LAI) aufgefordert wurde, sich zu den Auswirkungen des Gesetzes zu äußern, räumte sie ein, dass die Maßnahme potenziell „alle Indigenen Territorien betrifft, die sich in der einer Regulierung vorangehenden Verwaltungsphase befinden“.

Die im Gesetz enthaltene These des Stichtages beschränkt die Demarkierung auf Landgebiete, die sich am 5. Oktober 1988, dem Tag der Verkündung der Verfassung, im Besitz der indigenen Völker befanden. Die wichtigste Konsequenz daraus ist, dass es Völkern, die aus ihren Gebieten vertrieben worden waren, unmöglich gemacht werden kann, ihre Landgebiete wiederzuerhalten.

Neben der Anwendung dieser These sieht das Gesetz auch erhebliche Änderungen bei den Verwaltungsverfahren zur territorialen Anerkennung vor. Einige dieser Änderungen sind schwer einzuhalten und haben nach Angaben von Funai bereits zu einer „Zunahme der Langsamkeit in den Prozessen zur Demarkierung von indigenen Landgebieten“ geführt. Andere sind „unklar und widersprüchlich“ und sogar „undurchführbar“.

Zu den aufgelisteten Auswirkungen gehören die 857 Indigenen Landgebiete, bei denen Verwaltungsschritte zur Regulierung ausstehen, darunter 555, bei denen noch keine einzige Maßnahme zur Demarkierung unternommen wurde. Die zaghaften Fortschritte im Jahr 2024 – fünf Ratifizierungen durch den Präsidenten der Republik, 11 vom Justizminister unterzeichnete deklaratorische Verordnungen und 16 von der Funai eingerichtete Technische Gruppen (GTs) zur Identifizierung und Demarkierung Indigener Territorien – reichten nicht aus, um diesem Szenario etwas entgegenzusetzen. Obwohl die derzeitige Regierung bessere Erfolge zeigt als ihre Vorgängerin, hat die dritte Amtszeit von Präsident Lula bisher nicht die gleichen Erfolge erzielt wie seine ersten beiden Amtszeiten von 2003 bis 2010.

Dies spiegelt sich unter anderem in der Tatsache wider, dass etwa zwei Drittel (78) der indigenen Landgebiete und Territorien, in denen im Jahr 2024 Konflikte um territoriale Rechte registriert wurden, nicht reguliert sind. In diesen Gebieten konzentrierten sich 101 der 154 Fälle, die von Cimi in dieser Kategorie im Jahr 2024 registriert wurden.

Bei Invasionen, Sachbeschädigungen und illegaler Ausbeutung natürlicher Ressourcen betraf die Mehrheit der Fälle (61 %) regulierte (85), reservierte (10) oder privat besessene (2) Indigene Territorien. Mindestens 48 Indigene Territorien meldeten im Jahr 2024 Fälle im Zusammenhang mit Bränden oder Brandrodungen, und bei vielen von ihnen wurden große Flächen durch das Feuer vernichtet.

Die in einigen Indigenen Landgebieten durchgeführten Operationen zur Desintrusion (Entfernung von Eindringlingen) stellen einen wichtigen Unterschied zwischen der dritten Amtszeit von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und der seines Vorgängers Jair Bolsonaro dar, dessen freizügige Haltung und Anti-Demarkierungsdiskurs letztlich die Invasionen in indigenes Land begünstigten. Die Berichte und Daten deuten jedoch darauf hin, dass selbst Gebiete, die von der Bundesregierung vorrangig behandelt wurden, nicht völlig frei von Invasoren waren – unter anderen zum Beispiel die Indigenen Territorien Apyterewa im Bundesstaat Pará, Karipuna in Rondônia und Yanomami in den Bundesstaaten Amazonas und Roraima.

Im Bundesstaat Mato Grosso erlebte das Indigene Territorium Sararé des Volkes der Nambikwara eine noch nie dagewesene Zunahme der durch illegale Erzschürfung verursachten Zerstörungen. Die Anwesenheit von Erzschürfern wird von den Indigenen seit 2017 angeprangert, doch im Jahr 2024 explodierte sie. Im Bundesstaat Maranhão wurde in zahlreichen Territorien, von denen viele bereits demarkiert sind, Druck durch die Agrarindustrie, Holzfäller und Landschwindler registriert.

Die bewaffneten Angriffe auf Indigene Gemeinschaften, die für die Demarkierung ihrer Landgebiete kämpfen, waren schwerwiegend und zahlreich und hatten Auswirkungen und Folgen, die in verschiedenen Kategorien dieses Abschnitts beschrieben werden

Camp Freies Land 2024 in Brasília (Bundesdistrikt, DF): Das Volk der Pataxó gedenkt der Anführerin Nega Pataxó Hã-Hã-Hãe, die im Januar 2024 von Farmern ermordet wurde. Foto: Tiago Miotto/Cimi

Camp Freies Land 2024 in Brasília (Bundesdistrikt, DF): Das Volk der Pataxó gedenkt der Anführerin Nega Pataxó Hã-Hã-Hãe, die im Januar 2024 von Farmern ermordet wurde. Foto: Tiago Miotto/Cimi

Gewalt gegen Personen

Die im zweiten Kapitel des Berichts zusammengefassten Fälle von „Gewalt gegen Personen“ beliefen sich im Jahr 2024 auf insgesamt 424 Einträge. In den neun Kategorien, in die dieser Abschnitt unterteilt ist, wurden folgende Daten erfasst: Machtmissbrauch (19 Fälle), Morddrohung (20), verschiedene Drohungen (35), Mord (211), Totschlag (20), Körperverletzung (29), Rassismus und ethnisch-kulturelle Diskriminierung (39), versuchter Mord (31) und sexuelle Gewalt (20).

Die drei Bundesstaaten mit der höchsten Zahl an Morden sind in den letzten Jahren konstant geblieben. Im Jahr 2024 verzeichneten Roraima (57), Amazonas (45) und Mato Grosso do Sul (33) die höchsten Zahlen, und auch Bahia sticht mit 23 Morden an Indigenen hervor.

Die Daten, die sich auf insgesamt 211 Morde belaufen, wurden auf der Grundlage von LAI zusammengestellt durch Anfragen bei Datenbasen des Mortalitäts-Informationssystems (Sistema de Informação sobre Mortalidade, SIM) und der Gesundheitssekretariate der Bundesstaaten sowie von Informationen des Sondersekretariats für indigene Gesundheitsversorgung (Secretaria Especial de Atenção à Saúde Indígena, Sesai).

Die bewaffneten Angriffe auf Indigene Gemeinschaften, die für die Demarkierung ihrer Landgebiete kämpfen, waren schwerwiegend und zahlreich und hatten Auswirkungen und Folgen, die in verschiedenen Kategorien dieses Abschnitts beschrieben werden. Die Morde an Nega Pataxó Hã-Hã-Hãe und Neri Ramos da Silva, getötet bei einem Polizeieinsatz gegen die Rückeroberung im Indigenen Territorium Ñande Ru Marangatu durch Guarani und Kaiowá, fallen durch ihre Brutalität und die Beteiligung der militarisierten Polizei auf.

Neben dem Terror, den Drohungen und den Verletzungen durch Angriffe und Schüsse bei den verschiedenen Attacken auf Gemeinden, wie den Indigenen Territorien Tekoha Guasu Guavirá im Bundesstaat Paraná sowie Panambi – Lagoa Rica im Bundesstaat Mato Grosso do Sul, berichteten viele Indigene über Fälle von Diskriminierung und Vorurteilen bei der Inanspruchnahme medizinischer Versorgung in Krankenhäusern, was einen Kontext von Rassismus und Entmenschlichung belegt.

In ganz Brasilien wurden mehr als 30 Angriffe auf indigene Gemeinschaften registriert, und mindestens zehn Personen wurden von Kugeln getroffen: neun Avá-Guarani und ein Guarani-Kaiowá, der mit einer Kugel im Kopf weiterlebt.

Viele der in diesem Kapitel aufgeführten Situationen treten immer wieder auf und beziehen sich auf den allgemeinen Mangel an Schul- und Gesundheitsinfrastrukturen in den Dörfern in ganz Brasilien sowie auf das Fehlen von grundlegenden sanitären Einrichtungen und von Trinkwasser

Camp Freies Land 2024 in Brasília (Bundesdistrikt, DF). Foto: Hellen Loures/Cimi

Camp Freies Land 2024 in Brasília (Bundesdistrikt, DF). Foto: Hellen Loures/Cimi

Gewalt durch Untätigkeit staatlicher Stellen

Die Fälle von „Gewalt durch Untätigkeit staatlicher Stellen“, die in sieben Kategorien unterteilt ist, sind im dritten Kapitel des Berichts zusammengefasst. Nach Angaben von SIM, den Staatssekretariaten und von SESAI wurden im Jahr 2024 208 indigene Selbstmorde registriert. Wie im Vorjahr verzeichneten die Bundesstaaten Amazonas (75), Mato Grosso do Sul (42) und Roraima (26) die höchsten Zahlen, die sich vor allem auf Indigene im Alter bis zu 19 Jahren (32%) und zwischen 20 und 29 Jahren (37%) konzentrierten.

Aus denselben Quellen stammen Daten über 922 Todesfälle bei Kindern im Alter von 0 bis 4 Jahren im Jahr 2024, wobei die meisten Fälle in den Bundesstaaten Amazonas (274), Roraima (139) und Mato Grosso (127) auftraten. Auch hier waren die meisten Todesfälle bei indigenen Kindern bis zu vier Jahren auf Ursachen zurückzuführen, die als vermeidbar gelten, darunter Grippe und Lungenentzündung (103), Durchfall, Gastroenteritis und infektiöse Darmerkrankungen (64) sowie Unterernährung (43). Angemessene Maßnahmen in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Immunisierung, Diagnose und Behandlung könnten den tödlichen Ausgang bei diesen Fällen verhindern oder erheblich verringern.

In diesem Abschnitt des Berichts wurden auch folgende Daten erfasst: allgemeiner Mangel an Unterstützung (47 Fälle); mangelnde Unterstützung im Bereich Bildung (87); mangelnde Unterstützung im Bereich Gesundheit (83); Verbreitung von Alkohol und anderen Drogen (10); Tod aufgrund mangelnder Unterstützung im Bereich Gesundheit (84), insgesamt 311 Fälle.

Viele der in diesem Kapitel aufgeführten Situationen treten immer wieder auf und beziehen sich auf den allgemeinen Mangel an Schul- und Gesundheitsinfrastrukturen in den Dörfern in ganz Brasilien sowie auf das Fehlen von grundlegenden sanitären Einrichtungen und von Trinkwasser. Die Überschwemmungen und die Häufung von Regenfällen in Rio Grande do Sul und die Dürre im Norden des Landes haben diese Umstände noch verschärft und in einigen Fällen zu einer schweren Gefährdung ganzer Gemeinden geführt.

Der fehlende Zugang zu Land hat auch gesundheitliche Folgen, die von verschiedenen Völkern festgestellt wurden. Das Gleiche gilt für die Verschmutzung der Wasserläufe durch Quecksilber, das beim illegalen Erzschürfen verwendet wird, und für den Einsatz von Pestiziden, der in dem Maße wächst, wie die Ausweitung der Monokulturen in verschiedenen Regionen Brasiliens zunimmt.

Bemerkenswert waren 2024 auch die verschiedenen Fälle von mangelnder Unterstützung für das indigene Volk der Warao. In vielen Städten Brasiliens wurden Indigene dieses Volkes, das aus Venezuela stammt, in Unterkünften untergebracht, die nicht die geringsten Bedingungen der Menschenwürde erfüllen. Solche Fälle wurden in den Bundesstaaten Bahia, Mato Grosso, Pará, Paraíba und Roraima verzeichnet.

In mindestens 22 Indigenen Territorien mit 48 Aufzeichnungen über isoliert lebende Indigene gab es im Jahr 2024 Fälle von Invasionen, illegaler Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Sachbeschädigung

Im Jahr 2024 explodierte die Invasion von Erzschürfern im Indigenen Territorium Sararé des Volkes der Nambikwara in Mato Grosso. Foto: Fábio Bispo/Greenpeace

Im Jahr 2024 explodierte die Invasion von Erzschürfern im Indigenen Territorium Sararé des Volkes der Nambikwara in Mato Grosso. Foto: Fábio Bispo/Greenpeace

Isoliert lebende Völker

Im vierten Kapitel des Berichts werden die Situation und die Bedrohungen für indigene Völker in freiwilliger Isolation analysiert. Invasionen und der fehlende Schutz der Gebiete isoliert lebender indigener Völker, die vom Staat nicht anerkannt werden, sind die größten Gefahren für das Leben dieser Völker, von denen es nach Angaben des Cimi-Teams zur Unterstützung der Freien Völker (Equipe de Apoio aos Povos Livres, EAPIL) insgesamt 119 im brasilianischen Amazonasgebiet (Amazônia Legal) gibt.

Von dieser Gesamtzahl befinden sich 37 in Gebieten, welche Funai noch nicht demarkiert oder geschützt hat. Im Dezember erließ Funai eine Verordnung zur Nutzungsbeschränkung, um den Schutz des Territoriums der isolierten Völker am Mamoriá-Fluss in den Kommunen Labrea und Tapauá im Bundesstaat Amazonas zu gewährleisten. Im selben Bundesstaat ist jedoch das isolierte Volk des Caribi-Flusses in der Kommune Itapiranga weiterhin ohne allen Schutz, obwohl zahlreiche Dokumente und Berichte seine Anwesenheit in einer Region belegen, die durch Abholzung und Erdgasausbeutung unter Druck steht.

Aber auch die Indigenen in freiwilliger Isolation, die in Gebieten mit einer gewissen staatlichen Anerkennung leben, waren 2024 bedroht. In mindestens 22 Indigenen Territorien mit 48 Aufzeichnungen über isoliert lebende Indigene gab es im Jahr 2024 Fälle von Invasionen, illegaler Ausbeutung natürlicher Ressourcen und Sachbeschädigung.

Camp Freies Land 2024 in Brasília (Bundesdistrikt, DF). Foto: Hellen Loures/Cimi

Camp Freies Land 2024 in Brasília (Bundesdistrikt, DF). Foto: Hellen Loures/Cimi

Gedenken

Das fünften Kapitels des Berichts, zu Gedenken und Gerechtigkeit, bringt dieses Jahr eine Bestandsaufnahme der jüngsten Fortschritte im Kampf für Wiedergutmachung, Nichtwiederholung von Gewalttaten und Gerechtigkeit für indigene Völker sowie für die Einrichtung einer Nationalen Indigenen Wahrheitskommission in Brasilien. Der Text präsentiert die Fortschritte und Herausforderungen, die in der Zeit seit dem Tod des Forschers Marcelo Zelic (1963-2023), der sein Leben diesem Thema gewidmet hatte, zu bewältigen waren, und zeigt die Wege auf, die im Kampf um die Bewahrung der Erinnerung und um die Wiedergutmachung von Menschenrechtsverletzungen an Indigenen Völkern in Brasilien eingeschlagen wurden und werden sollen.

Artikel und Analysen

Neben den Kapiteln, die der Systematisierung der Daten dienen, enthält die Publikation eine Reihe analytischer Texte. Das Fortbestehen stereotyper und vorurteilsbehafteter Ansichten über Indigene Völker in Brasilien wird in zwei Artikeln thematisiert: Der eine analysiert die Schwierigkeiten bei der Gewährleistung der Achtung der spezifischen Rechte dieser Völker in der Strafjustiz; der andere untersucht Fälle von Rassismus und ethnisch-rassischer Diskriminierung indigener Völker und Kollektive im Land.

Die Umsetzung des Haushalts für die Indigenenpolitik im zweiten Jahr der dritten Regierung Lula sowie die Auswirkungen des Gesetzes 14.701 und des Schlichtungsgremiums des STF auf die territorialen Rechte der Indigenen sind Gegenstand von zwei weiteren Texten.

Ein weiterer Artikel bietet einen Rückblick auf die Auswirkungen der Überschwemmungen und der Klimakrise auf die indigenen Völker im Bundesstaat Rio Grande do Sul. Schließlich beschreiben zwei Texte die Situation von Gebieten, die im Jahr 2024 angegriffen wurden: das Indigene Territorium Tekoha Guasu Guavirá des Volkes der Avá-Guarani im Westen des Bundesstaates Paraná und das Indigene Territorium Panambi – Lagoa Rica der Kaiowá und Guarani im Bundesstaat Mato Grosso do Sul.

Die Plattform Caci, eine digitale Karte, die Informationen über die Morde an Indigenen in Brasilien sammelt, wurde mit Daten aus dem Bericht Gewalt gegen Indigene Völker in Brasilien – Daten aus dem Jahr 2024 aktualisiert. Caci, ein Akronym für Cartografia de Ataques Contra Indígenas (Kartografie der Angriffe auf Indigene), bedeutet auf Guarani „Schmerz“. Durch die Einbeziehung der Daten aus dem Jahr 2024 enthält die Plattform nun georeferenzierte Informationen zu 1.525 Morden an Indigenen in den seit 1985 zusammengestellten Fällen.

caci.cimi.org.br.

Foto: Gabriel SchlickmannTitelbild

Das Tekoha (Territorium) Yvy Ajere war eine der Rückeroberungen, die von den Guarani und Kaiowá im Indigenen Territorium Panambi – Lagoa Rica in Douradina (Mato Grosso do Sul) durchgeführt wurden. Die Rückeroberung geschah, um der Gemeinschaft eine kleine Pflanzfläche zu sichern und die Zerstörung eines der wenigen verbliebenen Waldgebiete auf ihrem Land zu verhindern. Als Vergeltung schlugen Farmer nur wenige Meter von dem rückeroberten Territorium entfernt ein Lager auf. Bewaffnete Angriffe, Drohungen und Einschüchterungen gehörten zum Alltag der Indigenen, die dennoch Widerstand leisteten und entschlossen waren, ihr Gebiet zu bewahren. Das Foto vom 30. Juli 2024 ist von Gabriel Schlickmann. Weitere Informationen: gabrielslk.com.br

Aus dem brasilianischen Portugiesisch übersetzt von Monika Ottermann

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